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Testbericht: Tauchanzug GNT von Schreiber

Der GNT (Abkürzung für G latt n eopren- T rockentauchanzug) von Uli Schreiber (Duisburg) ist ein vergleichsweise exotisches Modell auf dem relativ unübersichtlichen Markt der Trockentauchanzüge. Aber ein Modell, das unbedingt eine Betrachtung wert ist, wenn man sich mit dem Gedanken trägt, sich einen Trockentauchanzug anzuschaffen..

Die wichtigsten Eigenschaften des GNT: Der Anzug ist aus vergleichsweise weichem Glattneopren hergestellt. Die Stärke konnte ich nicht ermitteln. Die Manschetten an Arm und Hals sind ebenfalls aus Neopren und haben vermutlich eine Stärke von 3-4,5 mm (gemessen habe ich nicht). Der Anzug hat einen Reißverschluss mit Metallkette, der sich von Schulter zu Schulter spannt. Der GNT ist mit Ventilen von Apeks ausgerüstet , wobei das Auslassventil, das am linken Oberarm angebracht ist, jeweils einen Anschlag in den beiden Endstellungen aufweist. Das Einlassventil ist an der Brust. An den Knien und Unterschenkeln sind zusätzliche Schutzflächen aus Glattneopren aufgeklebt.
 
Zu dem Anzug gehören 3-Fingerhandschuhe, die ebenfalls aus Glattneopren gefertigt sind. Diese dichten beabsichtigterweise nicht gegen das Umgebungswasser ab.

Verarbeitung

Der Anzug macht augenscheinlich einen hervorragend verarbeiteten Eindruck. Die Nähte sind exakt geklebt und innen mit einem ca. 1,5 cm Nahtdichtband exakt abgedichtet. Der Anzug ist innen kaschiert, das Ein- und Aussteigen geht daher vergleichsweise leicht. Leider war mir der zum Testen vorhandene Anzug etwas zu klein (zumindest mit dem von mir beim Tauchen getragenen 200g/m²-Unterzieher), so dass davon auszugehen ist, dass er bei optimaler Passung noch leichter an- und auszuziehen ist. Problembereich sind hier die Unterschenkel, die tendenziell etwas weiter geschnitten sein könnten.

Trage- und Tauchverhalten

Hat man den Anzug angezogen, so sind die Neoprenmanschetten, durch die man im Arm- und Kopfbereich leicht hindurchgleiten kann, nach innen auf einer Breite von ca. 3 cm umzulegen um optimale Dichtigkeit zu gewährleisten. Bei den Armen ist dies leicht selber durch den Träger/die Trägerin möglich, bei der Halsmanschette kann eine helfende Hand und/oder ein kontrollierendes Auge sinnvoll sein. Hier war bei anderen Testern auch die wesentliche Schwachstelle dieses an sich guten Produktes zu finden: Bei zwei weiblichen Testpersonen drang am rückwärtigen Ende der Halsmanschette trotz korrekten Umlegens derselben eine nicht unerhebliche Menge Wasser in den Anzug ein, so dass der Tauchgang abgebrochen werden musste. Der Hals der Damen war schlicht zu dünn obwohl der restliche Anzug gut passte. Bei meinem (vom vielen Blödsinn-Lesen auf modernen "Techtauch"-Seiten schon erheblich angeschwollenen) Verbindungsstück zwischen Rumpf und Kopf gab es indes keine Dichtheitsprobleme.

Passt der Anzug dem Taucher/der Taucherin, so lässt sich konstatieren, dass der Wärmeverlust signifikant kleiner ist als bei einem Anzug aus zerkleinertem und wieder gebackenem Neopren. Und dies auch bei großen Tiefen. Subjektiv fühlt man sich auch bei sehr kaltem Wasser (ca. 4°C im Minimum bei meinen Versuchen) sehr gut warm gehalten. Die vier mit dem Anzug durchgeführten Testtauchgänge führten in Tiefenbereiche bis ca. 60 Meter bei im Mittel 4-6°C Wassertemperatur. Auch bei hohen Umgebungsdrücken merkt man die Kompression des Materials nicht durch einen erhöhten Wärmeverlust (was ich auch auf den verwendeten Unterzieher zurückführe). Der Anzug liegt dabei relativ eng (aber nicht beengend) am Körper an und taucht sich folglich sehr bequem. Das Tarierverhalten ist angenehm, Luft in den Beinen zu haben scheidet völlig aus, wenn man mit dem Jacket tariert und den Anzug nur soweit befüllt, dass er bequem sitzt und keine Druckstellen entwickelt. Durch die Geschmeidigkeit und Elastizität des Materials ist der Effekt der "Vakuumverpackung" nicht so erheblich spürbar wie bei anderen Anzugmaterialien. Wer dagegen auf die leider heute übliche Standardmethode des Tarierens nur mit Trockenanzug setzt und das Jacket nur als Flaschenhalter benutzt, wird dabei wie bei allen anderen Anzügen auch nicht besonders glücklich werden. Ich habe das während einer Dekompressionsphase bei ca. 10m Wasserteife einmal ausprobiert und wieder sofort verworfen.

Die zur Verfügung gestellten Handschuhe halten ebenfalls sehr warm. Sie werden über die umgeschlagenen Armmanschetten gezogen. Dazu ist beim zweiten Handschuh eine helfende Hand nötig, wenn man, wie ich, ungeübt darin ist.

Bis ca. 30 Meter Wassertiefe drang kein Wasser in den Handbereich ein, der Handschuh wird jedoch erwartungsgemäß durch den Umgebungsdruck komrimiert. Die Finger waren dabei jedoch immer beweglich, was bei Handschuhen aus Kunststoff oder dünnem Gummi ohne Kompensation durch Innenluft nicht der Fall ist. Ab ca. 4 bis 5 bar Umgebungsdruck liefen die Handschuhe langsam voll, wobei sich das Wasser jedoch schnell erwärmte. Da die Handschuhe jedoch absolut dicht sind, kommt es zu keinem Austausch mit dem Umgebungswasser und damit auch zu keinem Wärmeverlust durch Konvektion. Ab ca. 50 Meter Wassertiefe sind beide Handschuhe innen nass gewesen, was aber unproblematisch war. Die Handschuhe wärmen deutlich besser als 5-Fingerprodukte der großen Anbieter. Auch hatte ich subjektiv das Gefühl, dass die Hände deutlich weniger auskühlen als mit den blauen Handschuhen von Bluepoint et. al. , was aber auch daran gelegen haben kann, dass der Wärmeverlust durch den Anzug allgemein sehr gering war und daher eine höhere Temperatur des Blutes im Handbereich zu unterstellen ist. Der GNT als Gesamtsystem ist hier jedenfalls ein durchdachtes Produkt.

Fazit

Der GNT von Uli Schreiber ist ein interessantes Produkt aus heimischer Fertigung. Die Verarbeitung macht einen hervorragenden Eindruck und auch der Preis (nach mir vorliegenden Informationen EUR 800,- für eine Standardgröße und EUR 1000,- für eine Maßanfertigung) stellt einen angemessenen Betrag dar wenn man den Gegenwert ansieht, den man erhält. Und: Das Tauchen mit dem GNT hat wirklich Spaß gemacht. Eine Schwachstelle bleibt: Der GNT ist nur in Grenzen für das Solotauchen geeignet. Der Rückenreißverschluss saß sehr knapp (was aber auch darauf zurückzuführen ist, dass ich für den getesteten Anzug zu groß bin) und dürfte mutmaßlicherweise mit der Methode "Schnur in Autotür" nicht besonders leicht zu schließen sein. Aber vielleicht gelingt es Uli Schreiber ja noch, das Modell mit einem Frontverschluss auszustatten. Dann wäre der GNT für Solotaucher wie mich ein absolutes Muss.