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Hyères, die Dritte - Tauchen à la Francaise (August 2006)

(C) Peter Rachow


Das Urlaubsziel

Jedes Jahr stellt sich auf’s Neue die Frage, wo man/frau als engagierter Sporttaucher sommers sein Urlaubsziel wählen sollte, wenn man kein Interesse daran hat, in Ägypten sich von ebenso jungen wie unerfahrenen Diveguides gängeln zu lassen bzw. sich durch ein ebenso teures wie unnützes sog. „Tech-Brevet“ 10 läppische zusätzliche Tiefenmeter zu erkaufen und des Weiteren ebenso teure wie schlecht ausgerüstete und überdies völlig überalterte und enge Segelschiffe im Mittelmeer verabscheut, wo man zwar im Extremfall vollständig nach Desperadoart tauchen kann (wenn man das denn möchte) aber ansonsten weder Komfort noch Ambiente vorfindet.

Und was tut man, wenn man im Sommer dann noch zusätzlich unbedingt in die Sonne möchte? Dann gibt es fast nur eine Alternative: „Vive la France!“.

Die französische Südküste bietet für den fortgeschrittenen Sporttaucher alles, was das Herz begehrt. Wracks in Hülle und Fülle, interessante Küstenabschnitte mit einer reichhaltigen Flora und Fauna, mediterranes Essen und Lebenskultur und vieles andere mehr. Voraussetzung für den ultimativen Tauchspaß ist allerdings nach wie vor das richtige Brevet. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ohne CMAS*** geht hier gar nichts, oder zumindest nur sehr wenig.

Warum ist das so? Im Gegensatz zu Deutschland ist in Frankreich das organisierte Tauchen mit einer Tauchbasis gesetzlich klar geregelt. Was wer darf bzw. nicht darf, steht in einem Verordnungstext des französischen Sportministeriums.

Wie sieht das im Einzelnen aus?

Taucher mit CMAS*-Brevet dürfen überhaupt nicht autonom tauchen, sondern bedürfen immer der Begleitung eine Tauchlehrers bzw. eines Tauchers der Ausbildungsstufe "P4" (niveau pratique quatre), mit dem sie nicht tiefer als 20 m, in Ausnahmefällen 25 m, tauchen dürfen. Für außerhalb Frankreichs brevetierte CMAS-Taucher entspricht die Ausbildungsstufe P4 dem  CMAS***-Brevet.

Auf Brevets von Nicht-CMAS-Organisationen wird in dem besagten Verordnungstext keinerlei Bezug genommen, so dass diese Brevets mangels gesetzlicher Grundlage faktisch auch nicht anerkannt sind. Es besteht allenfalls die Möglichkeit, bei einer Basis erst einmal einen Check-Tauchgang mit Tauchlehrerbegleitung zu machen und sich anschließend von diesem Tauchlehrer je nach Art des vorgelegten Brevets, der Anzahl der Tauchgänge und des Eindrucks beim Check-Tauchgang ein entsprechendes CMAS-Äquivalent attestieren zu lassen (maximal Niveau 3). Dieses Attest gilt dann jedoch nur für die Dauer des jeweiligen Aufenthalts und im Rahmen des Tauchens mit dieser einen Basis. Ein Tauchlehrer der Basis erläuterte uns, dass man ganz besonders kritisch gegenüber Tauchern sei, die lediglich ein paar Tauchgänge und ein PADI-OWD-Brevet vorweisen könnten, da diese erfahrungsgemäß zumeist "rein gar nichts" könnten.

Die amerikanischen Fackelträger und ihre Artverwandten gelten hier folglich nicht viel. Und wie uns eine Tauchlehrerin der Basis in einem Gespräch mitteilte, bekommen diese amerikanisch geprägten Pseudoausbildungen (allen voran die Truppe mit eben jenem Fackeltaucher) in Frankreich aus diesen gerade geschilderten Gründen seit Jahren nur schwer ein Bein auf den Boden, und es sei auch nicht absehbar, dass sich dies irgendwann ändere.
 
CMAS **-Taucher (plongeurs de niveau 2) sind, sofern sie volljährig sind, berechtigt, autonom, also auch "mit ihresgleichen", bis in eine Tiefe von 20 m, in Ausnahmen auch 25 m, zu tauchen. In Begleitung eines Tauchers mit der Brevetstufe von mindestens "P4" erweitert sich dies auf 40-45 m.

Als CMAS ***-Taucher (plongeurs de niveau 3 bzw. niveau 4) liegt die gesetzlich zulässige Maximaltiefe mit Pressluft bei 65 Metern.

Theoretisch belanglos sind all diese Regelungen natürlich dann, wenn man als kompletter "Selbstversorger" in Frankreich taucht. Wer die Dienstleistungen eines Tauchclubs oder einer kommerziellen Basis gar nicht erst in Anspruch nehmen möchte, darf prinzipiell tauchen, wie er möchte, sogar ohne jegliches Brevet. Unangenehm könnte die Angelegenheit aber im Falle eines Unfalls für entsprechend brevetierte Begleiter bzw. Organisatoren werden, weil der Umfang von deren Mitverschuldens wohl nach dem Motto "Sie als brevetierter Taucher hätten aber wissen müssen, dass..." am Regelungsinhalt dieser französischen Tauchverordnung gemessen werden würde.

Das Ergebnis dieser sehr strengen Regeln ist insgesamt positiv: Durch die starke Beschränkung der unteren Brevetstufen ergibt sich für die Taucher ein hoher Anreiz, nach der Erfüllung der entsprechenden Vorbedingungen (Mindestalter, Tauchgangszahl seit Ablegen der letzten Brevetstufe) eine höhere Qualifikation anzustreben. Dadurch steigt unserer Beobachtung nach der Anteil der gut qualifizierten Unterwassersportler sehr stark an.
 
Also benötigt man, wenn man vollständig autonom tauchen will, das Niveau 3 oder 4 als unabdingbare Voraussetzung.

Nun also zu unserer insgesamt dritten Reise nach Hyères:

12.08.2006, Samstag.

Abfahrt in Karlsruhe gegen 7:30 Uhr. Über die deutsche A5 und dann weiter die A36 ff. bis Lyon sind wir, wie geplant, ohne irgendwelche Probleme gefahren. Aber dann.... Schon bei Lyon meldet „Radio Traffic“ auf 107,7 MHz dieses überaus hässliche Wort, das uns fortan bis in den späten Abend begleiten sollte: „bouchon“, zu deutsch „Korken“ oder „Stopfen“ und das ist französische Wort für „STAU!!!“.

Durch Lyon kommen wir noch gut, weil wir uns den Stau auf der Umgehungsautobahn sparen und die alte Stadtautobahn nutzen. Aber am Ende bei Vienne geht es dann los, bzw. es geht erst mal gar nichts mehr.

Aber klar doch, in Frankreich ist dieses Wochenende „weekend prolongé“, d. h. am Dienstag ist Maria Himmelfahrt und da zieht es Monsieur und Madame Dupont zu Millionen in den Süden. Ab Vienne benutzen wir daher die „Route national“ Nr. 7, kurz „RN 7“, denn warum sollte man die teure Autobahngebühr bezahlen und sich dabei für viel Geld wenig bis kaum fortbewegen können?

Also tanken wir in Vienne ausgangs des Rhonetals erst mal den Wagen auf. Und hier gibt es auch gleich Stress, weil es ein paar hinter uns in der Schlange an der Tanke stehenden Franzosen, die anscheinend algerischer Abstammung sind, nicht schnell genug geht. Die jungen Heißsporne sind wohl etwas hitzig, hupen wie geistesgestört und betonen gestenreich, ich möge doch sofort aus der Tanke herausfahren. Meine Geste, diese vermeidbare Lärmbelästigung doch bitte zu unterlassen, weil es dadurch auch nicht schneller gehe, wird ebenso gestenreich mit der Aufforderung zu einer kleinen Spontanschlägerei beantwortet. Bevor ich mich entscheiden kann, auf dieses überaus freundliche Angebot des etwas kleingewachsenen Fahrers einzugehen, löst sich das Problem (bzw. der Stau in der Tankstelle), und wir fahren davon. Und eigentlich habe ich auch besseres zu tun, als einem hitzigen Maghrebiner die Nase einzudellen. Vielleicht ein andermal.

Ab Vienne führt die A7 parallel zur RN7, und wir schauen uns von weitem immer mal wieder den dortigen Stau an, der sich dort alle paar hundert Meter spontan bildet und ebenso spontan wieder auflöst. Dann läuft es dort plötzlich auf der „Autoruote“ wieder, und wir begehen den fatalen Fehler, auf diese zurück zu fahren. Schöne Sch...., denn sofort stehe wir im nächsten Stau. Also wieder runter von der Autobahn und zurück auf die Nationalstraße, auf der es allerdings mittlerweile auch nicht schneller geht. Nachdem also „Plan A“ (A7) und „Plan B“ (RN7) komplett versagen, kramen wir in unserer grenzenlosen Verzweiflung - schließlich wollen wir eigentlich zum Abendessen in Hyères sein - „Plan C“ heraus: Mit Hilfe einer detaillierten Straßenkarte fahren wir ins Hinterland und bewegen uns leidlich parallel zu A7 und RN7 nach Süden. Das funktioniert erstaunlich gut, wir erreichen Durchschnittsgeschwindigkeiten, von denen wir noch eine Stunde zuvor niemals zu träumen gewagt hätten. So erreichen wir nach etwas mehr als 2 Stunden schließlich Orange, wo sich die A7 in einen östlichen und einen westlichen Teil verzweigt. Allerdings ereilt uns dort ab dem Ortseingang nochmals ein Megastau, weil offensichtlich viele Leute die gleiche Idee mit dem Ausweichen auf Nebenstraßen hatten. Wir durchfahren dann den Orange auf Schleichwegen und kommen so weiter in Richtung Avignon. Dort geht es auf der Autobahn weiter, und wir sind nach ein oder zwei kleinen und daher völlig zu vernachlässigenden Mini-Bouchons auf dem Weg nach Toulon. Wenig später erreichen wir dann sogar Hyères.  Mittlerweile ist es allerdings gegen 21:00 Uhr und die Sonne geht gerade unter. Aber immerhin: Es ist noch derselbe Tag, an dem wir losfuhren....

13.08.2006, Sonntag: "Escampo"

Nach der doch etwas das Nervenkostüm strapazierenden Anreise schlafen wir erst einmal aus und besuchen erst am Nachmittag die Tauchbasis. Sub Plongée  - für diejenigen, die unsere früheren Berichte aus Hyères nicht kennen - auf der Halbinsel Giens, die Hyères vorgelagert ist. Über Mittag ist der Laden allerdings geschlossen, so dass wir um 13:00 Uhr nur das Schild an der Tür begrüßen dürfen "Bin gleich zurück“. Wir nehmen vor der Basis auf ein paar Campingstühlen Platz, die offensichtlich auch schon bessere Zeiten gesehen haben. Schön zu sehen, dass der Laden immer noch so verranzt ist wie letztes Jahr. Wenn sich auch sonst nichts geändert hat, dürfte einem schönen Tauchurlaub nichts mehr im Wege stehen.

Irgendwann kommt dann Phillppe, der Baseneigentümer, ans Fenster der Wohnung über der Basis, sieht, dass Kundschaft da ist, schließt folglich, ganz Geschäftsmann, den Laden auf und begrüßt uns. Ich bekomme die Hand und ein freundliches „Bonjour, comment ça va?“, Claudia als Frau zusätzlich „Bussi, Bussi“. Man ist schließlich in Frankreich, wo sich mittlerweile auch Männer gelegentlich mit Küsschen begrüßen. Ach, wie süß!

Die Anmeldeformalitäten sind schnell erledigt, ein kurzer Blick des „patron“ auf das „cerficat medical“, und wir sind mal wieder eingeschrieben. Auf die Frage, ob wir sofort mitfahren wollen, denn schließlich steht die Nachmittagssausfahrt an, laden wir unsere Gerätschaften aus dem Auto auf den Basenanhänger und sitzen wenig später im "camion blanc“, dem Kleinbus, mit dem die Gäste von der Basis zum Anlegesteg im Fährhafen an der Tour Fondue, der Spitze der Halbinsel von Giens, gefahren werden.

Unsere Flaschen (Mono-15 für Claudia, Doppel-10 für mich) kommen in den roten Lieferwagen (camion rouge) und werden separat zum Boot verfrachtet. Wenn schon der 'camion blanc' für einen deutschen TÜV-Prüfer ein Freudenfest wäre, so wäre sein roter Bruder die Vereinigung von Ostern, Pfingsten, Weihnachten und diversen anderen Feiertagen. Er hätte wohl über viele Stunden seine schiere Freude an der Karre, während er mit einem Schraubendreher den Unterboden nach Herzenslust perforieren dürfte. An den Schwellern bilden sich wunderbare lange Risse, deren rostrote Farbe auf ein kleines Korrosionsproblem, das die Firma Peugeot mit ihren älteren Fahrzeugen hat, hindeuten könnten. Auch die Abgasnormen dürfte diese ehemals knallrote Rostlaube kaum einzuhalten in der Lage sein. Aber egal, die Wanne läuft, und das reicht wohl. Wir vermuten schlicht und einfach, dass die Basis ein Übereinkommen mit dem französischen Ableger des TÜV hat, dieses Fahrzeug nur auf dem Weg zwischen der Basis und der Hafenmole zu benutzen und das restliche Straßenwesen damit zu verschonen.

Am Fährhafen der Tour Fondue angekommen, sind immer alle Taucher herzlich eingeladen, zum Gelingen der Ausfahrt mit beizutragen: Es werden stets hilfreiche Hände gebraucht, die den Basenangestellten und "Ferien-Freiberuflern" (Tauchlehrer, die schon seit Jahr und Tag ihren Sommerurlaub bei Sub Plongée verbringen und sich gegen freies Tauchen in den Dienst der Basis stellen) helfen, die Anhänger vom 'camion blanc' abzukuppeln, die Flaschen aus dem 'camion rouge' auszuladen und auf Wägelchen zu legen, mit denen man sie dann genau wie auch die übrigen Ausrüstungsgegenstände ratternd über den Anlegesteg bis zum Tauchboot karrt, etc. Ein Mittaucher konstatierte grinsend: "Ce n'est pas le Club Med, ça, n'est-ce pas?" Recht hatte er!

Die erste Tauchausfahrt führt uns durch beachtliche Dünung in Richtung Westen zum Platz "Escampo“. Dort werden einige Schnuppertaucher ("baptêmes“) von den Tauchlehrern der Basis auf ihren ersten Unterwasserschritten begleitet. Hervé, der heutige Kapitän der "Subtil", gibt uns eine kurze, separate Tauchplatzbeschreibung, erklärt uns, wo es für uns etwas zu sehen gibt und wie die mutmaßlichen Strömungsverhältnisse sind, und wünscht uns dann einen angenehmen Nachmittag. Wir tauchen ab auf 33 m und wundern uns, dass das Wasser nur eine Temperatur von 16°C hat. Selbst in 8 m Tiefe sind es noch immer nur 17°C. - Der Wunsch nach einem Trockentauchanzug wird plötzlich übermächtig... Der Grund für die wenig sommerlichen Wassertemperaturen ist schnell erklärt: Nachdem es kurz vor unserer Ankunft einen Monat lang noch extrem heiß und windstill gewesen war, setzte vor einigen Tagen ein Wetterumschwung ein, und die nunmehr durch einen starken Wind rau gewordene See kehrte eben jenes kalte Tiefenwasser nach oben, in dem wir gerade paddelten.

14.08.2006, Montag: "Escampo Barriou"

Für den Vormittagstauchgang treffen sich die Taucher gegen 8:00 an der Basis und werden mit den bereits erwähnten immer noch fahrbaren Untersätzen zum Anlegesteg befördert. Wir schippern daraufhin mit der "Subtil“ wieder zu eben jenem Tauchplatz bzw. einige Meter weiter, an dem wir auch gestern Nachmittag unseren ersten diesjährigen Kontakt mit dem Wasser des Mittelmeeres hatten.

Schon im Kleinbus fiel uns eine Gruppe von Tauchern auf, die im Gegensatz zu den meisten anderen Tauchsportfreunden der Basis eine ziemlich große Klappe führten -  von wegen, wie viel Taucherfahrung sie an den hier in Rede stehenden Tauchplätzen vorzuweisen hätten. Später zeigte sich allerdings, dass großes Mundwerk und Tauchfähigkeiten nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen. Diese Gruppe von Tauchkaspern war nämlich die einzige vom Boot, die es nicht schaffte, bei starker Strömung das Tauchschiff wieder anzutauchen und daher mitten in der See aufgefischt werden musste. Wie sagte doch ein Mittaucher: „Il faut se méfier des grands parleurs...“ (Man muss Großmäulern gegenüber misstrauisch sein). Nun ja, dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Schön ist allerdings, dass diese Maulheldentruppe die absolute Ausnahme war.

15.08.2006, Dienstag: Wrack der "Donator"

Ein Tauchgang zum Wrack der "Donator“ (gesunken unter ihrem letzten Namen "Prospero Schiaffino“). Zuerst stand zwar die benachbarte "Sagona“ (die so genannte "Le Grec") auf dem Programm, allerdings lagen hier bei unserer Ankunft schon einige Tauchboote, so dass der Kapitän ein kurzes Referendum durchführte und auf mehrheitlichen Beschluss der Taucher dann eben die "Donator“ angefahren wurde. 

Den Abstieg auf 50 Meter Tiefe zum Heck der "Donator" haben wir in 3 Minuten am Ankerseil zügig absolviert. Unten angekommen, besuchen wir zuerst die Schraube, die wunderbar mit Gorgonien bewachsen ist. Von diesem tiefsten Punkt des Tauchgangs geht es nach innen in das Schiff hinein. Verschiedene, teilweise recht enge Gänge beherbergen allerlei an größerem und kleinerem Getier. Man sieht Zackenbarsche, Muränen, Congeraale, Langusten und diverse Schwarmfische.

Das Schiff war ein Weinfrachter, das Ende 1945 auf eine aus dem 2. Weltkrieg übrig gebliebene Mine lief und recht gut erhalten ist. Daher sind die Innenräume auch entsprechend gut mit allerlei Versteckmöglichkeiten für diese Tiere angefüllt. Besonders lohnend ist ein Blick in die engeren Durchlässe, da sich die Tiere vielfach dorthin zurückziehen, um dem allmorgendlichen Ansturm der Taucher etwas zu entkommen. Bei jedem Tauchgang an den beiden Wracks nehme ich mir nur einen bestimmten Bereich vor, der dann genauer abgesucht wird. So findet man zwischen Rohrleitungen, in Schaltkästen und Nischen immer etwas Neues.

Die Dekompressionsphase nach der Grundzeit von ca. 20 bis 22 Minuten wird dann auch wieder am Ankerseil durchgeführt. Hier treffen sich dann alle Taucher der Gruppe in schöner Regelmäßigkeit wieder, um sich danach in 6-9 m Tiefe auf die um das Tauchboot abgehängten Bleileinen zu verteilen.

Uns fällt auf, dass im Gegensatz zu unserem ersten Besuch vor einigen Jahren die Taucher keine Tabelle mehr benutzen, also die „gute alte“ MN90, die keine Dekostopps unterhalb von 6 Metern vorsah, sondern dass nun auch hier der Tauchcomputer seinen Einzug gehalten hat. Allerdings werden hier keine überteuerten High-Tech-Geräte benutzt, die einen Funktionsumfang besitzen, den kaum ein Sporttaucher jemals wird nutzen können und deren Verwendung hauptsächlich dem Prestige des Besitzers dient, sondern es werden Allerweltsgeräte wie z. B. Aldadin oder Suunto Vyper verwendet. Insgesamt ist die Ausrüstung der französischen Taucher sehr einfach gehalten und offensichtlich auch seit Jahren in Gebrauch. Die meisten führen diese Tauchgänge in eine Maximaltiefe von 60-65 m mit nur einer ersten Atemreglerstufe aus, gelegentlich sieht man auch Taucher mit deren zwei. Auch den neumodischen „Techtauchkram“, den man in unseren Breiten selbst am flachsten Baggersee mittlerweile häufig antreffen kann, sucht man hier vergebens: Stage-Flaschen, egal mit welcher Füllung, verwendet hier niemand. Backplates erst recht nicht. Und Gasentladungs-"Fischgrills" mit der Lichtstärke einer Straßenlampe an einer Hauptstraße sucht man ebenfalls vergebens. Keine der Tauchflaschen ist nach den neuen Farbvorgaben lackiert, aber dafür haben z. B. alle noch selbstredend ihre Standfüße. Ich frage mich auch, wie die Basisangestellten reagieren würden, wenn ich die Standfüße meiner Flaschen einfach mal entfernen würde. Wie sollten die Flaschen denn dann stehen bleiben am Kompressor, im Transportwagen und auf dem Boot, wo sie aufrecht stehend mit Gummiseilen vertäut werden??? -  Das wäre das reine Chaos und gefährlich noch dazu.

Auch die Notwendigkeit von Metallfedern als Flossenbandersatz oder überlangen Atemreglerschläuchen würde sich hier keinem Taucher ernsthaft erschließen. Dafür aber führen diese Taucher ihre Deko-Bojen nicht, wie andernorts schon so häufig beobachtet, als Dekorations-, sondern als Dekompressionsbojen mit, d.h. sie können mit selbigen so umgehen, dass sie damit weder Fahrstuhl fahren, noch sich oder ihre Mittaucher strangulieren.

16.08.2006, Mittwoch: "La Roche à Meroux“ und "Tombant de la Calanque du Blé"

An diesem Tag unternehmen wir zwei Tauchgänge an felsigen Küstenabschnitten. Besonders am ersten Tauchplatz fallen die vielen Oktopusse auf, die sich in den Felsspalten eingenistet haben, und wir sehen einige Hai-Eier, die in ihren 'Verpackungen' an Gorgonien hängen. Das Wetter beruhigt sich langsam und das Wasser wird wieder wärmer. Die Temperatur an der Oberfläche beträgt immerhin schon wieder 20°C.

17.08.2006, Donnerstag: "Le Sec du Langoustier"

Ursprünglich sollte die Ausfahrt nach "La Gabinière", einem kleinen Felseiland vor der Insel Port Cros, führen. Wegen des Nebels an diesem Tag erschien dies dem Kapitän jedoch zu riskant, weil dort erfahrungsgemäß unstete Strömungsverhältnisse herrschen und er wenig Lust verspürte, gegen Ende des Tauchgangs bei nur 30-50 m Sicht auf die Suche nach den Deko-Bojen seiner Taucher gehen zu müssen. Also wurde umdisponiert und zu dieser Untiefe vor der Insel Porquerolles gefahren, die eine Maximaltiefe von ca. 40 m aufweist. Sie ist sehr zerklüftet mit Felsspitzen, die bis auf ca. 17 m hinauf reichen, so dass sich hier viel marines Leben erspähen lässt: Muränen, eine ganze "Familie" Zackenbarsche in respektabler Größe und allerlei Kleingetier.

Während der Dekompressionsphase kommen in 0-5 m Tiefe plötzlich Schwärme von Quallen mit teilweise über einen Meter langen Nesselfäden an uns vorbei. Trotz aller Vorsicht berührt mich eines dieser Tiere mit seinen Nesselfäden an der Unterlippe und beschert mir ein Dekoerlebnis der ziemlich schmerzhaften Art. Also ist nach der Rückkehr an Land erst einmal ein Besuch in der nächsten Apotheke angesagt. Nach einer Behandlung mit einem Gel gegen die Verbrennung durch das Nesselgift verschwinden die Symptome allerdings innerhalb eines halben Tages bis auf eine Reströtung, die noch mehrere Tage anhält.

18.08.2006, Freitag: Wrack der "Grec" (letzter Name "MS Sagona")

Dieses Wrack heißt "der Grieche", weil seine letzte Besatzung aus Griechenland stammte. Es lief, wie auch die "Donator", nach dem Ende des 2. Weltkrieges auf eine nicht geräumte Mine und wurde in der Mitte auseinander gerissen. Das Unglück kostete drei Seeleute das Leben.

Auch hier beschleunigen wir den Abstieg und lassen uns fast ungebremst auf 40 m Wassertiefe durchfallen, um möglichst viel der Grundzeit am Wrack selbst zubringen zu können.

Der Teil der "Sagona", den wir betauchen (der "abgesprengte" Teil liegt etwas weiter entfernt), ist deutlich kleiner als das Wrack der "Donator". Auch hier findet man in vielen Durchgängen, Ritzen und Nischen eine ungeheure Vielfalt an Tieren. Eine Gruppe großer Zackenbarsche bewohnt diesen zerstörten Schiffskörper und zeigt sich ziemlich ungerührt von der Anwesenheit der Taucher.

Dekomprimiert wird wieder am Ankerseil bzw. an den am Boot herabhängenden und mit Gewichten beschwerten Seilen. Hier hängt auch jedes Mal eine Pressluftflasche mit einem Satz Atemregler, falls die Luft bei einem Taucher einmal nicht reichen sollte. Diese Flaschen werden während unseres Aufenthalts allerdings nie verwendet, denn die französischen Taucher beherrschen die Tauchgangsplanung und damit die Kalkulation des Atemluftvorrates in Relation zur Tauchzeit offensichtlich ohne Probleme.

Insgesamt muss man hier der Basis ein große Lob zollen, denn Sicherheit wird hier wirklich groß geschrieben. Und zwar Sicherheit nicht in dem Sinne, wie sie z. B. auf vielen Tauchbasen in Ägypten verstanden wird (z. B. durch rigorose Beschränkung von Tauchtiefe und -zeit), sondern in einem Sinne, dass zwar Tauchgänge durchgeführt werden, die anspruchsvoll sind, man den Tauchern aber jedwede Freiheit zugesteht, diese auch entsprechend sachgerecht durchzuführen. Die Tauchgangsbesprechungen sind daher kurz, knapp und entbehren des z. B. von den deutschen Basen in Ägypten gewohnten "Ihr dürft nicht...", "Nicht gestattet ist...", "Wir machen hier nicht...." etc. Dieser Befehlston wird hier ersetzt durch Formulierungen wie "Ich empfehle...", "Bitte vergesst nicht..." etc.
 
19.08.2006, Samstag: Wrack der "Togo"

Dieses Wrack liegt vor Cavalaire etwa zwei Bootsstunden von Hyères entfernt und ist ein absolutes Highlight auf unserer diesjährigen Reise. Es handelt sich um einen alten Kohlenfrachter, der durch eine Mine sehr kurz vor Ende des 1. Weltkrieges ebenfalls in zwei Teile gerissen wurde. Diese Mine wurde durch ein unter österreichischer Flagge fahrendes deutsches U-Boot ausgebracht.

Das Wrack liegt in einer Maximaltiefe von 60 Metern. Der Abstieg ist auch wieder extrem zügig, da wir vom Kapitän unseres Tauchbootes darauf hingewiesen wurden, eine Grundzeit von 15 Minuten möglichst nicht zu überschreiten, weil sonst die Dekompressionsphase sehr lang würde. Und bereits 14 Minuten auf 60 Metern Wassertiefe ergeben nach Deco 2000 bereits folgende Dekostufen:

Dekostopp        Verweilzeit
15 Meter        1 Minute
12 Meter         2 Minuten
9 Meter          4 Minuten
6 Meter         6 Minuten
3 Meter         14 Minuten

Wir betauchen zuerst das Vorschiff der "Togo" mit der mächtigen Ankerwinde. Der Rückweg durch einige Gänge bringt die Sichtung einer großen Languste, eines sehr großen Drachenkopfes und seines etwas kleineren Bruders. Überall in den Laderäumen befinden sich Reste der letzten Fracht der Togo: kleine Stücke von Anthrazitkohle.

Die größte Tiefe mit ca. 60 m erreichen wir an der Stelle, wo das Schiff durch die mächtige Explosion von 150 kg Sprengstoff einstmals auseinander gerissen wurde.

Interessanterweise spüren wir nach den vielen Tauchgängen auf Tiefen im Bereich 40 bis 50 Meter keinerlei Anzeichen der Stickstoffnarkose. Ich erinnere mich während der Endphase dieses Tauchgangs an eine Geschichte, die gerne in Internetforen kolportiert wird, nämlich jene, wo zwei Taucher auf ähnlicher Tiefe das Namensschild eines Schiffes auf Video aufnahmen, sich nachher aber nicht mehr an diese Tatsache erinnern konnten. Ich kann mich jedenfalls an die meisten Einzelheiten dieses überaus spannenden Tauchgangs erinnern. "So ein Mist, was in diesen Foren steht", denke ich mir und pünktlich nach 15 Minuten beenden wir die Erkundung und steigen am Ankerseil auf, um unsere gute halbe Stunde Dekompressionszeit "abzusitzen".

20.08.2006, Sonntag: Wrack der "Ville de Grasse"

Sub Plongée bietet wenigstens einmal pro Woche eine Sonderausfahrt nur für Taucher der Brevetstufen Niveau 3 und Niveau 4 (was außerhalb Frankreichs in beiden Fällen CMAS*** entspricht) an. Diese Ausfahrten führen zu aufgrund ihrer geographischen Lage oder/und Tiefe besonders anspruchsvollen Tauchplätzen. Heute führte die Ausfahrt zur "Ville de Grasse", die in einer Tiefe von 49 m und somit außerhalb der 'Reichweite' der Plongeurs 2 liegt. Die "Ville de Grasse" ist ein alter Raddampfer, der 1851 nach einer Kollision mit einem anderen Schiff sank. Aufgrund des 'hohen Alters' des Schiffs ist das Wrack schon stark zerfallen, aber die Schaufelräder sind noch gut erhalten und sehr eindrucksvoll im blauen Gegenlicht. Die ehemals aufrecht stehende Drezylinderdampfmaschine, namentlich die Kurbelwelle und die Lager der Pleuelstangen, sind noch sehr gut erkennbar. Als aktuelle Bewohner des Wracks finden wir einen großen Einsiedlerkrebs, mehrere Drachenköpfe in diversen Größen und sogar einen recht imposanten Hummer vor, der seine Scheren drohend in Position bringt.

21.08.2006, Montag: "Les Mèdes"

Eigentlich fährt Sub Plongée am Montag traditionell das Wrack der "Michel C." an, aber das Wetter macht uns einen Strich durch die Rechnung. Bei dieser Dünung wäre am Ende des Tauchgangs die Rückkehr auf das Boot zum hoch riskanten Abenteuer geworden. Also "Plan B" – ein beschaulicher Tauchgang an der Nordost-Ecke der Insel Porquerolles, bei dem eine Seezunge geschäftig vor uns herhoppelte, viele violette Flabellinas ihre Hippie-Frisuren wehen ließen und ein Schwarm Barrakudas zu uns hinüber äugte.

22.08.2006, Dienstag: Wrack der "Donator"

Heute war "special day" in Sachen "Tauchen", denn es gab einige Missgeschicke. Der Tag fing eigentlich schon etwas unglücklich an, da mein Tauchgerät von der Basis nicht gefüllt worden war. So stand ich auf dem Boot kurz vor dem Auslaufen aus dem Hafen mit 140 bar in den Flaschen und ziemlich langem Gesicht und durfte mir mangels weiterer D-10-Geräte an Bord eine Mono-15 anstatt der D-10 an das Jacket schrauben. Also hieß dies, alle Befestigungen der D-10 lösen, kürzere Schrauben aus der Werkzeugbox zu nehmen und das Jacket für die M-15 umzurüsten. Das dauerte allerdings nur etwa 10 Minuten.

Am Tauchplatz angekommen, stellten wir dann fest, dass an der "Grec", dem ursprünglich anvisierten Ziel, bereits mal wieder zu viele Schiffe lagen. Ein kurzfristig einberufenes Referendum erbrachte dann das Ergebnis: "Dann fahren wir halt zur "Donator"!". Die See war bereits merklich aufgefrischt, auf den Wellen bildeten sich die ersten Schaumkronen und es deutete alles auf gehörige Strömung hin. Der Abstieg wurde am Ankerseil wieder sehr zügig vorgenommen, einige Medusen kreuzten dabei unseren den Weg. Über dem Schiff angekommen, standen dann dort große Brassenschwärme und Tausende Kleinfische verschiedenster Spezies, wie immer, wenn starke Strömung herrscht.

Unten am Vorschiff der "Donator" angekommen, empfing uns dann eben diese starke Grundströmung. Also war weiteres Abtauchen auf der strömungsgeschützten Rumpfseite des Wracks die beste Idee, um parallel zum Rumpf am Meeresboden auf knapp 50 m Wassertiefe entlang zu gehen und bei den Aufbauten wieder auf Deckshöhe zu kommen. Dort übertauchte ich dann zügig das Deck und ging auf der der Strömung zugewandten Seite der "Donator" weiter Richtung achtern.

Plötzlich fiel mich jemand von hinten an und begann wie wild, mich zu schütteln. Ich blickte in die völlig wirren Augen eines männlichen Tauchers, der immer wieder wie besessen die Zeigefinger seiner beiden Hände zusammenführte. Er wollte mir damit wahrscheinlich bedeuten, dass ich als Solotaucher (meine Tauchpartnerin befand sich noch irgendwo im oberen Decksbereich) hier nichts zu suchen hätte. Ich machte ihm mit einer einfachen Geste klar, dass mich sein Gefuchtel nicht im Mindesten interessierte und tauchte weiter in Richtung Laderaum der "Donator", den ich heute genauer untersuchen wollte. Als ich gerade zwischen zwei Streben in das Untergeschoss des Schiffes abtauchen wollte, war der Irre wieder hinter mir und begann wieder wie wild, mich zu schütteln. Als ich ihm wieder eindeutig zeigte, dass er mich in Ruhe zu lassen habe, zog er mir einfach die Maske vom Gesicht und trollte sich. Nach dem Wiederaufsetzen der Maske und Ausblasen derselben zeigte ich ihm noch kurz den bekannten "Stinkefinger" und begab mich anschließend in das Unterdeck. Ich fragte mich dann allerdings doch, wie jemand unter Wasser so derart durchknallen konnte und ob eine Stickstoffnarkose tatsächlich so bizarre Wirkungen haben könne. Offensichtlich schon.

Anschließend im Laderaum gab es allerdings nur einiges Kleingetier. Beim Verlassen des Unterschiffs traf ich meine Partnerin wieder und wir begannen den gemeinsamen Aufstieg am Ankerseil. Nach knapp 25 Minuten Dekompressionszeit waren wir wieder an Deck des Tauchbootes, und auch das Meer hatte sich in der Zwischenzeit etwas beruhigt, so dass es weitestgehend unproblematisch gewesen war, wieder an Bord zu gelangen.

23.08.2006, Mittwoch: Wrack der "Mustang"

Mal wieder Sonderausfahrt für Niveau 3-Taucher. Die "Mustang" ist ein Flugzeugwrack aus dem 2. Weltkrieg ganz in der Nähe der Inselchen "Les Fourmigues", das in 54 m Tiefe auf Sandgrund liegt. Es hat inzwischen die Funktion eines kleinen künstlichen Riffs übernommen und dient nun allerlei Meeresbewohnern als Behausung. Vor allem Drachenköpfe haben sich dort häuslich eingerichtet (einer thronte ungeniert auf den Resten des Pilotensitzes), und im Motorraum ist inzwischen ein großer Conger eingezogen.

Die Tauchbedingungen waren bestens – fast keine Strömung und gute Sicht. Da das Schiff dort nicht ankern kann und das Bleigewicht der abgesetzten Boje lediglich provisorisch am Flugzeugpropeller befestigt war, so dass die Boje lediglich als optischer Anhaltspunkt dienen konnte, setzte uns der Kapitän als unser 'Directeur de Plongée' pärchenweise im 5-Minuten-Takt an der Markierungsboje ab. Rund um diese Boje stiegen wir am Ende dann auch wieder frei auf, dekomprimierten im Blauwasser, setzten später – wie vom Kapitän befohlen - pro Taucher eine Deko-Boje und ließen uns von ihm dann nach und nach wieder aufsammeln.

24.08.2006, Donnerstag: "La Gabinière"

Vor Hyères liegt das Naturschutzgebiet um die Insel Port Cros. Der Tauchplatz "La Gabinière" liegt an einer Port Cros vorgelagerten Felseninsel. Es handelt sich um eine Steilhalde, die bis in ca. 50 Meter Tiefe reicht. Dort läuft sie in einer Sandfläche aus.

Angefahren wird der Tauchplatz heute mit beiden Booten, eines für die Anfänger und eines für die erfahreneren Taucher. Wir fahren heute mal 'Holzklasse', also nicht auf dem Stahl-Kahn "Subtil", sondern auf der kleinen "Antarès". Mit 15 Tauchern ist das Schiff schon ziemlich 'überbevölkert'. Trotzdem läuft das An- und Abrödeln erfreulich stressfrei ab. Jedem ist klar, dass sich unter diesen Bedingungen nun mal nicht alle gleichzeitig tauchfertig machen können. Also nimmt man Rücksicht aufeinander und lässt sich einfach die nötige Zeit, bis jeder seine Siebensachen nach und nach beisammen hat. So, wie die Buddy-Teams jeweils startklar sind, werden sie vom Kapitän portionsweise vor dem Eiland abgesetzt. Wir tauchen erst einmal ab auf eine Tiefe von ca. 20 m und treffen dort die erste Muräne, die ihren Kopf zwischen den Felslöchern vorwitzig hervorstreckt. Es geht weiter auf ungefähr 40 m Wassertiefe, wo sich große Zackenbarsche in größerer Anzahl zeigen, die uns bereits ab ca. 15 m Wassertiefe an vereinzelt begleitet hatten. Die Tauchbedingungen sind ideal: Es herrscht im Gegensatz zu unserem letzten Besuch keinerlei Strömung und so tauchen wir gemächlich ab und gehen den Abhang langsam in nördlicher Richtung entlang, immer in die Nischen und Ritzen der Felsen spähend.

Ab einer Wassertiefe von ca. 35 m säumen immer wieder Fächer großer Gorgonien unseren Weg. Wir folgen dem Fuß des Felsabhangs immer weiter. 40, 45, 50 m zeigt der Tiefenmesser. Eigentlich müssten wir jetzt tot sein, wenn man dem amerikanischen Fackelträger folgt. Denn wir befinden uns in der Todeszone, und da wir ja auch keinerlei "Tek-Ausbildung" haben.und schon gar nicht über eine entsprechende Ausrüstung verfügen, ist die Sache natürlich hochgefährlich.

Die Sicht ist phänomenal. Große Fischschwärme sieht man nun um sich herum, wenn man sich auf den Rücken dreht oder in das Blauwasser hinausschaut. Aber nicht nur das blaue Wasser fasziniert. Überall wird man des Überschwanges des maritimen Lebens gewahr. Rechts unterhalb von uns liegt eine Gruppe kleiner Felsblöcke. Immer noch sind wir auf 50 m. Beim Herantauchen an die Blöcke sieht man, dass sie sehr stark zerklüftet sind. Sie sind durchlöchert wie der sprichwörtliche Schweizer Käse. In jedem Loch befindet sich eine neue Spezies. Eine genaue Inspektion folgt. Einmal liegt ein großer Steinfisch gut getarnt auf dem Felsen, so dass er erst beim zweiten Hinsehen erkennbar wird. An anderer Stelle, in einer Spalte, einige Meter weiter, sieht man den Körper eines großen Congeraals. Weiß scheint der Längsstreifen seines Körpers durch den schmalen Durchbruch in den Felsen. Drum herum diverse Nacktschnecken.

Nachdem der Druckmesser am Tauchgerät nur noch 100 Bar anzeigt, beginnen wir den Aufstieg. 30, 25, 20, 15, 12 Meter. Auf der ersten Dekostufe halten wir an und lassen das gerade Erlebte an uns vorüberziehen: Einen der schönsten Tauchplätze des Mittelmeers.

25.08.2006, Freitag: Filets Anti-Soumarins

Ursprünglich hatte die "Donator" auf dem Programm gestanden, aber Neptun sah das anders. Bei diesem Wellengang war daran gar nicht zu denken. Statt dessen ging es dann an die Ostseite der Insel Porquerolles. Hervé setzte uns über den Filets Anti-Soumarins ab. Dabei handelt es sich um ehemalige U-Boot-Abwehrnetze aus dem 2. Weltkrieg, die einmal vor Porquerolles gespannt waren, inzwischen aber längst abgehängt wurden und jetzt als große Haufen in einer Tiefe von 30-33 m liegen. Von diesen Haufen gibt es sieben Stück im Abstand von 10-20 m, die nun völlig überwuchert sind mit Schwämmen, Anemonen und kleinen Gorgonien und allerlei Getier Zuflucht bieten. Die Filets Anti-Soumarins sind ein richtiger Stöber-Tauchgang, für den das Mitführen einer Lampe sehr hilfreich ist. Dann kann man nämlich im Geflecht der Netze Diadem-Seeigel, Drachenköpfe in diversen Farben und Größen, Krebse, Conger und viel Kleinfisch erspähen. So gemütlich der Tauchgang war, so ungemütlich war der Rückweg in den Hafen: Die "Subtil" krachte durch die Wogen, und die Taucher hielten ihre Stahlflaschen liebevoll im Arm, damit sie sich nicht trotz der Verzurrung verselbstständigten. Kompliment an den Käpt'n, der alles tat, um unsere Kreuzschmerzen auf ein Minimum zu beschränken.

Fazit: Auch nach dem dritten Besuch innerhalb einiger Jahre fanden wir das Tauchen und den Aufenthalt bei Sub Plongée wieder ziemlich "chouette" (klasse). Auch wenn die Basis mit ihren Räumlichkeiten und ihren Transportmitteln auf den ersten Blick einen leicht desolaten Eindruck macht, so sind dennoch Taucher aller Erfahrungsstufen dort in guten Händen und werden zwar nicht 'betütelt', aber gut betreut. Wer Tauchbegleitung benötigt, findet sie bei den Tauchlehrern, die hier keine halbgaren Jungspunde sind, sondern langjährige Erfahrung haben. Wer hingegen nicht viel mehr als ein 'Taxi' zum Tauchplatz benötigt, ist hier ebenfalls gut versorgt.

Prädikat: Empfehlenswert!