Bevor man diese Frage beantworten kann, muss man nolens volens einige Vorüberlegungen anstellen. Was definiert denn eigentlich "Rekordsucht"? Was sind ihre Merkmale und was sind die Motive der Rekordler? Und wer ist der Rekordhalter, also die zentrale Figur des Ganzen? Was macht ihn aus, ganz abgesehen davon, dass es sich dabei natürlich um einen Menschen handelt, der bei den verzweifelten Unterfangen nicht gerade selten das Opfer seiner Bemühungen wird, eine wie auch immer geartete "Bestleistung" zu erzielen und sich damit dauerhaft aus dem genetischen Fundus unserer Zeit elininieren. Ob ein solcher unfreiwilliger Suizid allerdings letztlich einen großen Verlust für die Menschheit darstellt oder nicht, dies soll an dieser Stelle nicht näher diskutiert werden. Da möge sich jeder seine eigene Meinung bilden.
In der zivilisatorischen Gesellschaft lassen sich Vergleiche der individuellen Leistungsfähigkeit nicht mehr mit den hergebrachten atavistischen Mitteln des Frühmenschen lösen. Man holt heute nicht mehr die Keule heraus und schlägt dem Konkurrenten ganz einfach mal eben den Schädel ein nur um seine Habe an sich zu nehmen oder einfach nur dessen Weibchen. Das ist unschicklich und überdies seit einigen hundert Jahren, zumindest in Gesellschaften die auf humanistischen Werten basieren, strengstens strafbewehrt. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, wurden alternative Methoden etnwickelt. So stammt denn auch aus einer der ersten Zivilgesellschaften die altbekannte Losung "altus, citius, fortius". Der Leistungsvergleich unter Zuhilfenahme des Sports (wozu Freizeitbeschäftigungen im weitesten Sinne zu zählen sind) war geboren. So gibt es heute Rekorde im Schnellfahren, im Von-der-Brücke-Springen (praktischerweise angeseilt), im Dosenbiertrinken, im Dauperpupsen, im Tieftauchen und vielen andere Disziplinen mehr. Jede noch so sinnlose Beschäftigung birgt zugleich das Potenzial, in ihr einen Rekord aufstellen zu wollen.
Es bedurfte also, zusammenfassend gesagt, mit dem Übergang des Menschen aus der prähistorischen Form des Zusammenlebens in die Zivilgesellschaft differenzierter Methoden, sich dem Kollektiv als unumschränkter Platzhirsch zu präsentieren. Alpha-Tiere müssen heute wesentlich mehr können, als nur ihre Gegner zu vernichten, sehen wir mal vom "Terminator", von "Rambo" und deren Epigonen ab. Leittiere (oder solche, die sich dafür halten) müssen sich dem Kollektiv in zumindest einer Disziplin als wahrer "Leader of the pack", also als der Anführer der Herde präsentieren und das in sozial angemessener Form.
Rekordleistungen werden heute damit von einer bestimmten Kategorie Menschen zum vermeintlichen Gradmesser persönlicher "Leistung". Dies auch insbesondere deshalb, weil diese Leistungen mit jenen anderer Individuen auf der Basis nüchterner Zahlen, bzw. auf dem daraus ableitbaren Prinzip der Quantifizierbarkeit (auf dem letztlich die moderne und aufgeklärte Gesellschaft basiert) verglichen werden können.
Diese intradisziplinäre Vergleichsarbeit muss dabei aber auch, um Wirkung zu erzielen, publiziert und damit einem großen Personenkreis bekannt gemacht werden können. Denn wer nimmt sonst davon Notiz, dass es Bodo Blödmann aus Hintertupfingen tatsächlich gelungen ist, einen 96-sekündigen Pups zu lassen? Und genau zu diesem Zwecke gibt es heute eine bestimmte Art der Presse und vor allem das "Guiness-Buch der Rekorde". Ein groteskes Schriftwerk, in dem so ziemlich jeder Unsinn, bei dem ein Mensch einmal eine Höchstleistung aufgestellt hat, enthalten ist.
Und ab diesem Punkt wird die Sache mit dem Rekord insbesondere für das prestigesüchtige, aber stets seltsam gesichtslos gebliebene, Mitglied der Bürgergesellschaft interessant. Auf der einen Seite lebt es in einer zivilisierten Gesellschaft, die ihm durch ein sehr komplexes Regelwerk vorschreibt, was es jeweils zu tun und was zu lassen hat (und damit ihrem eigenen individualistischen Ansatz konterkariert, nur so nebenbei bemerkt). Im schlimmsten Falle wird nämlich dem Protagonisten dieser Zivilgesellschaft sogar die Farbe seiner Dachziegel vorgeschrieben. Ein entsetzlicher Zustand, wie manche finden. Des Weiteren befindet er sich tendenziell (bedingt durch die Arbeitsteilung in der Gesellschaft) in einem beruflichen Umfeld wieder, in dem er oft auch nur über sehr wenig Gestaltungsspielraum verfügt, wenn er in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit am Erwerbsleben überhaupt noch teilnehmen kann. Von Individualisierung ist hier also auch ganz zu schweigen. Das kleine Rädchen im Getriebe wird, so mag mancher es sehen, um seinen gerechten Lohn, die Anerkennung durch die anderen, betrogen. Denn der monatliche Gehaltsscheck ist natürlich auch keine wirkliche Anerkennung, die das Ego und seine Sehnsüchte nach dem Schulterklopfen zufriedenstellt, da das Geld lediglich die tarifvertraglich vereinbarte Kompensation für erbrachte Arbeitsleistung darstellt. Und unschönerweise gibt es nebenbei noch Millionen andere Rädchen in dem gleichen Getriebe, die sich mit uns im Gleichtakt synchron bewegen müssen. So sucht sich das Individuum dann eben seine dringend benötigte Anerkennung woanders.
Dabei gibt es nun sehr verschiedene Wege, sich seiner wieder bewusst zu werden. "Ich bin in der Öffentlichkeit, also existiere ich", das ist der Leitsatz der mediengeprägten Gesellschaft. Wer rein gar nichts kann, außer vielleicht ein dummes Gesicht zu machen und/oder zu stammeln, geht zu "Bärbel Schäfer", "Vera am Mittag" oder zu "Fliege", wenn es denn unbedingt ein ö ffentlich- r echtlicher Sender sein soll (Akademiker gehen eher zu ÖR-Fliege, Proleten bevorzugen die Privaten). Sieht man dagegen wenigstens halbwegs passabel aus und glaubt von sich, singen, tanzen oder Blödsinn erzählen zu können, spricht man notfalls bei einem Casting vor, um aus der Masse herauszutreten.
Der große Rest nutzt seine anderen "Fähigkeiten". Und je nachdem, über welche "herausragenden Fähgikeiten" man nun gerade verfügt, und sei es jene im "Dauer-Nasebohren", steht dem Zivilisationsmenschlein ein ausgeklügeltes Instrumentarium zur Erlangung von Publizität zur Verfügung, das er benutzen kann. Das Guiness-Buch ist dabei nur eines dieser Instrumente. Der vollverkabelte Wohncontainer eines Kölner Privatsenders ist ein anderes. Und derlei Selbstverwirklichungsmöglichkeiten gibt es mittlerweile so viele, dass eine Aufzählung notwendigerweise unvollständig bleiben müsste. Dabei ist es interessant (ohne genau den wissenschaftlichen Nachweis zu führen) dass in solchen Containern, Casting-Shows etc. natürlich nicht die geistige Elite einer Gesellschaft sitzt, sondern jene, die man eher zu den weniger gut mit geistigen Gaben ausgestatteten zählen würde (wie z. B. einstmals den Herrn Zlatko). Bei Rekordsüchtigen könnte es, so steht zu vermuten, ähnlich sein.
Sehen wir uns nach diesem Exkurs in die allgemeine Theorie des Rekordes nun die Praxis an und bewegen uns zurück zu dem jüngst in der Taucherpresse breit veröffentlichten Rekordversuch. 3 Verzweifelte (über deren kognitive Fähigkeiten man sich wohl besser keine Gedanken macht) stürzen sich unter erheblichem logistischen Aufwand mit Kreislauftauchgeräten des englischen Hersteller AP-Valves in die Tiefe. Die bei dem Versuch (bzw. seiner Planung) eingebrachte Leistung an intellektuellem Input reichte, so steht zu vermnuten, aber nun bedauerlicherweise nicht soweit aus, damit diese Herren sich vergegenwärtigen können, dass Tauchapparate, die vom Hersteller bis 10 bar Überdruck freigegeben sind, nicht notwendigerweise auch bei mehr als der doppelten Druckbeaufschlagung funktionieren müssen. Gut, räumen wir den Herren ein: Nicht jeder, der das Hobbytauchen ausübt, ist ein Genie in Physik.
Man hätte aber nun, auch ohne einen Doktortitel in Naturwissenschaften zu besitzen, diese Versuche intelligenterweise erst einmal in einer dafür vorbereiteten Druckkammer unternehmen oder die Geräte zumindest an einem Seil in die entsprechende Tiefe hinablassen können. Wer einigermaßen des logischen und planvollen Handelns mächtig ist und die entsprechenden Verstandesleistung zu erbringen in der Lage sich sieht und überdies sein Leben nicht leichtfertig aufs Spiel setzen würde, hätte vermutlich vernunftbasiert so gehandelt. Im vorliegenden Falle aber waren derart einfache Vorüberlegungen augenscheinlich nicht Gegenstand der Betrachtung des Unterfangens durch seine Betreiber gewesen. Da macht man sich als außenstehender Beobachter schon Gedanken, wie es um die Verstandesfähigkeiten solcher Protagonisten des Tauchsports bestellt sein muss.
Das Ergebnis des heroischen Selbstversuches war kaum anders zu erwarten. Er war nahe am Rande zur Katastrophe und glückte nur knapp. Die Ursache war klein, die Folgen indes fatal: Ein winziger Lufteinschluss in den Steuerkonsolen der Geräte (benutzt vom Raum eines Piezosummers, wie er in vielen kompakten elektronischen Geräten als akustischer Signalgeber eingebaut ist) implodierte. Daraufhin drang Wasser in die Steuercomputer ein. Jeder technisch halbwegs gebildetete Mensch weiß nun, dass Salzwasser und Elektronik sich eher schlecht vertragen. Dies liegt einerseits an dem recht geringen spezifischen Widerstand von Salzwasser, andererseits an dessen erheblichem korrosivem Potenzial. Die von den in den Tauchgeräten eingebauten, nunmehr bedauerlicherweise zerstörten, Schaltkreisen vorzunehmende Gemischbildung des Atemgases dürfte daraufhin relativ weit von dem entfernt gewesen sein, was man als "adäquates Gemisch" bezeichnen könnte.
Soweit so schlecht. Nun hatten aber diese wagemutigen Aquanauten sinnvollerweise ein umfangreiches Rettungsteam in verschiedenen Tiefen stationiert. Und glücklicherweise gelang es unter Aufbietung aller Kräfte und unter erheblicher Gefährdung dieser Hilfstaucher den 3 heldenhaften "Extremtauchern" den Rekordversuch doch noch zu überleben.
Was kann man daraus lernen? Nun zuvorderst, dass manche Menschen offenbar nicht willens oder aufgrund einer gewissen mentalen Struktur schlechterdings nicht in der Lage sind, die möglichen Implikationen ihre Handelns so weit zu überblicken, wie es im Einzelfalle erforderlich ist. Man kann sich dann auch nicht ausschließlich darauf hinausreden, man wisse ja, was man tue, schließlich habe man genug Erfahrung, wie es jüngst einer der drei Überlebenden vor einem größeren Publikum tat und dabei noch erklärte, er würde (so wurde kolportiert) den nächsten Tiefenrekordversuch nicht mit den beiden anderen Helden ob deren eingeschränkten Tauchfähigkeiten und -fertigkeiten durchführen wollen. Offensichtlich kann diese selbstbewusste Einschätzung in einer bestimmten Anzahl der Fälle auch ein vehementer Trugschluss sein. Merke: Wer anderen Defizite in der Handlungskompetenz unterstellt, erlangt eben diese Kompetenz dadurch nicht automatisch.
Des Weiteren lässt sich erkennen, dass manche Menschen, so sie keine andere Möglichkeit haben, in der Öffentlichkeit zu glänzen, auf die verwegendsten Ideen kommen. Ideen, die teilweise so desperat und abstrus sind, dass einem denkenden Angehörigen der Gattung "homo sapiens sapiens" schlechterdings der Atem stockt ob der Dinge, die da um des dummen Rekordes willen veranstaltet werden.
Und letztlich kann man
bei dem ganzen öden Getöse leider auch erkennen, dass es
offensichtlich kein gesellschaftliches Korrektiv gibt, das deutlich
macht, dass lebensgefährlicher Schwachsinn sich eben nicht
auszahlt (weder pekuniär noch durch die Erlangung von
Publizität und Anerkennung). Im Gegenteil: Das Entsetzliche an dem
vorher beschriebenen ebenso sinnlosen wie hochgefährlichen
Tauchversuch im Roten Meer war ja gerade, dass sich die bunten
Blätter der Taucherpresse, die stets so inhaltsarm und leer wie
eine Talkshow im Privatfernsehen sind, in voller Breite auf diese
"Story" gestürzt und damit den ebenso spektulären wie
hochgefährlichen Unsinn erst publiziert und damit propagiert und
einem breiten Publikum zugeführt haben.
So leben der Rekordler (geprägt durch Minderwertigkeitsgefühle und Prestigesucht) und die Rekordpresse (getrieben durch den Wunsch "Stories" zu präsentieren, ihre chronisch inhaltsarmen Seiten zu füllen und damit den dringend benötigten Umsatz zu generieren) in einer gut geratenen Symbiose des ultimativen Blödsinns. Eine Existenzgemeinschaft, die dem Konsumenten (von "Leser" mag ich nicht sprechen, denn "Lesen" impliziert Intellekt) auch noch vermittelt, schiere Dummheit sei nun auch noch salonfähig und sogar anstrebenswert, da sie mit Aufmerksamkeit belohnt wird. Und derjenige, der sich von diesem im Prinzip nicht mehr steigerbaren Unsinn angespornt fühlt, darf dann bei den Rekordlern einen Kurs in "Techdiving" belegen um seinen Helden möglichst nahe zu sein. Man kann eigentlich nur rasende Kopfschmerzen bekommen, wenn man diese Gedanken zu Ende denkt.
Ganz unten: "Techdivers Germany"
Ein weiteres erschreckendes Beispiel für den Versuch von einigen Freizeittauchern mit ihren vermeintlichen taucherischen Leistungen in der Öffentlichkeit (namentlich dem Internet) zu prahlen findet man unter http://www.techdivers-germany.de/.
Klempnermeister "Wolfi" und seine Freunde stürzen sich wagemutig in die Tiefe von Kaltwasserseen und zeigen uns auch noch über das Internet und wahlweise befeuert durch Vertreter der schreibenden Zunft, was sie "drauf" haben. Unter der Woche wird tief in den Sanitäranlagen der werten Kundschaft mancher den Abfluss der braunen Brühe schwer blockierende Verschluss exploriert und wochenends wird am Bodensee der noch tiefer gelegte Seegrund erforscht. Leider findet sich in Wolfis Team aber niemand mit einer dafür geeigneten wissenschaftlichen Forscherausbildung. Aber heldenhaft gehen sie hinunter, ohne Rücksicht auf Verluste.
Wir erinnern uns bei dieser Gelegenheit spontan an das bekannte Gedicht von Friedrich Schiller: Dort war es ein Taucherheld, der bei dramatischen Tieftauchunterfangen vor großem Publikum heldenmütig sein Leben auf's Spiel setzte und letztlich im zweiten Anlauf verlor. Das war aber vor 200 Jahren. Man hätte in der Zwischenzeit etwas lernen können. Hat man(n) aber nicht. So treffen sich heute die "Techtauchers Deutschland" um endlich wieder mal die Grenzen der Sinnhaftigkeit von Hobbytauchen weit zu überschreiten und um der Menschheit etwas ganz Besonderes zu geben (was eben diese Welt aber wahrscheinlich absolut nicht braucht). Nur gut, dass Behörden bei diesem groben Unfug fallweise nicht mitspielen und Genehmigungen versagen (siehe Ihr qua Dekret der Obrigkeit verhindertes Walchensee-Abenteuer).
Das Ganze wird dann noch mit dem Slogan "2deep4you" garniert, einem Spruch, den man in der Form "2fast4you" immer wieder gerne auf tiefergelegten rundum-verspoilerten Proletenautos á la Opel Manta (booooah, ey!) oder Golf GTI (voll krass' Gerät, Aldä! Escht, isch pust' Disch voll von Strasse, ey, isch schwör'!) sieht. Möglicherweise könnten Herr Klempnermeister & Co. in "deep" ja auch der Einfachheit halber ein "e" durch einen besser geeigneten an den Lippen geformten stimmlosen Explosivlaut auswechseln um der Semantik des Ausgesagten mehr Passung zu verleihen.
Zu diskutieren wäre auch noch, ob es sich bei den genannten "Projekten" (Wobei gilt: Name="Projekt" & Tiefe[m]) tatsächlich um Tauchgänge im eigentlichen Sinne handelt. Ich habe da gewisse Zweifel, weil man eigentlich auch ohne große tauchersiche Kompetenz an einem Seil abwärts und aufwärts gleiten kann. Ein schönes Beispiel allerdings, wie sich moderne Menschen in ihrer Freizeit absolut sinnlosen Unterfangen hingeben können und dabei noch Unsummen Geldes bereit zu investieren sind um aus ihrem langweiligen Alltag zu entfliehen. Bungee-Jumping war gestern. Sich selbst völlig sinnlos versenken ist heute. Was kommt morgen?
Seltsam bedeckt hält sich das "Dream Team" um Klempnerwolfi indes, wenn es darum geht, taucherische, physikalische oder technisch-mathematische Zusammenhänge darzustellen. So sucht man Informationen zur Struktur und Methodik der Tauchgangsplanung, der verwendeteten Software, der Paramertrierung derselben, der Dekompressionsgegebenheiten, der N 2 -Narkose- und HPNS-Prophylaxe, völlig vergebens. Gut, fast alle dieser Traumtaucher sind der Webseite zu Folge irgend eine Art von "Tauchlehrer" (oder "-leerer"???) aber da muss man ja nicht erwarten, dass ein Lehrer in der Lage ist, einen komplexen Sachzusammenhang strukturiert darzustellen geschweige denn ihn durchdrungen zu haben.
Völlig sinnlos wird es dann, wenn die Truppe zu allem anderen Blödisnn noch versucht, einen Ausflug in die Philosophie zu organisieren: " Ohne den Menschen, der über Grenzen hinaus geht, gäbe es keinen Fortschritt! " so lesen wir auf der Startseite. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, welchen Fortschritt uns Wolfi & Co. eigentlich geben wollen. Fortschritt impliziert immer das Erfinden, das Entdecken und Entwickeln neuer Lösungen und hat letztlich etwas mit der Anwendung rationaler Prinzipien und damit der Vernunft zu tun. Fortschritt ist immer der Fortschritt der Gesellschaft, nicht der pathologische Versuch einzelner, sich in Szene zu setzen. Mit solch einer selten lächerlichen Argumentation entwürdigt man posthum alle Pioniere, die viel für das Fortkommen der Welt getan haben (teilweise unter Einsatz ihres Lebens), aber eben nicht weil sie damit ins Internet wollten sondern weil es ihnen um die Sache ging.
Die genannten Tauchdesperados haben überdies meines Wissens bis dato keine Meriten erworben, die nahelegen würden, man habe den Fortschritt befördert. Sie versenken sich mit Standardausrüstung auf große Tiefen so wie das jeder wagemutige Verrückte auch könnte. Wo bitte ist da der Fortschritt, wenn man leichtfertig sein Leben auf's Spiel setzt aber ansonsten nichts Sinnstiftendes erarbeitet (und dies insbesondere deshalb, weil man die Qualifikation dazu gar nicht hat)? Also, Klempner, bleib' bei Deiner Zange!
Spannend im Falle der "Techdivers Germanien" ist insbesondere, dass die meisten dieser Desperados wohl eher ziemliche Tauchanfänger sind, die fallweise noch nicht mal 10 Jahre tauchen. Wolfi Z. hat, einer E-Mail eines seiner Kumpels zu Folge, bis dato gerade mal knapp 500 TG zusammengestöpselt. Mutig, mutig, Herr Zettl! Ich würde mich mit so wenig Erfahrung an so etwas nicht herantrauen. Aber früher gehörte die Welt halt dem Mutigen, heute gehört sie dem Verzweifelten.
Beenden wir die Betrachtung von "The Diving Plumber's Deep Water Adventures" mit einem abrundenden Schlussswort: Auf eine gewisse Art sind derartige Verhaltensmuster des auf der Suche nach dem "Kick" gänzlich irrational handelnden Abenteuerfreaks nicht ganz unbekannt . Der eine schmeißt sich am Seil von der Brücke, der andere stiefelt mit seinem durchgeknallten Kumpel durch die Antarktis, der nächste versenkt sich halt im Bodensee. Für irgendeinen Blödsinn muss die Natur immer herhalten.
Dass so ein Tiefenschwachsinn immer mal wieder tödlich endet, kann man dann auch gelegentlich im Internet nachlesen, wo die "Helden" ihre Webseiten gestalten, sich ihrer Taten brüsten, und die Hinterbliebenen dann die Nachricht vom tragischen Tod des Tieftauchhelden veröffentlichen.
http://www.matthiaskeller.info/Zitat: "Liebe Freunde von Matthias (Mäthu) Keller. Am Samstag 19.09.2009 gegen 11.45 ist Mäthu bei einem Tauchunfall tödlich verunglückt."
Ich wage zu behaupten, dass dieser Taucher noch leben könnte, wenn er das "Projekt 190" nicht in Angriff genommen hätte.
Fazit: Nichts gegen tiefe Tauchgänge. Aber man muss sich knallhart darübr im Klaren sein, dass ein Luft-TG auf 60 Meter wesentlich weniger Risikopotenzial beinhalten kann als ein Trimix-Tauchgang auf 160 Meter Wassertiefe. Wenn ich mir die unermessliche Materialschlacht ansehen, mit der obiger Taucher versucht hat, diese Extremtiefe zu erreichen, wird mir klar, dass dieses Material im Einzelfall eine ganz erhebliche Überforderung darstellen kann. Und dieses für vergleichsweise wenig Grundzeit. Tipp: Einfach mal nachdenken, bevor man ins Wasser steigt!A propos "Blödsinn". Wer Angst vor der Tiefe hat, dem bleiben sinnfreie Unterwasser"höchstleistungen" keineswegs verschlossen. Jüngst schlug in der Gruppe de.rec.sport.tauchen die Annonce einer nordbadischen PAID-Bude auf, deren Verantwortliche es sich tatsächlich in den Kopf gesetzt hatten, 500 Taucher auf einmal in einem 1200m²-Schwimmbecken für 15 Minuten zu versenken. Dieser im Prinzip nicht mehr zu steigernde Schwachsinn sollte, man glaubt es kaum, im Guiness-Buch der Rekorde veröffentlicht werden. Man fragt sich: "Wer macht bei sowas mit, ohne vorher in größerem Umfange illegale Drogen konsumiert zu haben?". Das können doch eigentlich nur geistig Verwirrte sein.
Da die für dieses unvergleichliche "Tauchevent der besonderen Art" (Zitat Veranstalterwerbung) notwendigen 500 debilen Hobbyaquanauten aber anscheinend noch nicht vollständig gefunden waren, bzw. zum Rahmenprogramm einzuladen, kam man auf die Idee, die Newsgroup damit zu belästigen.
Welch ein Anblick: Man stelle sich vor, 500 hochgradig gestörte Psychotiker versenken sich zeitgleich in einem Schwimmbecken umweht von den PADI-Fahnen des Veranstalters. Einen blöderen Anblick kann ich mir kaum vorstellen.
Man fragt sich schon, wie verzweifelt eine Gruppe von Personen sein muss, um etwas derartiges aus ihren Hirnen zu saugen. Oder ist es lediglich das schnöde Geschäftinteresse, da der PAID-Markt langsam enger wird, weil man jedem schon ein Plastikkärtchen verkauft hat und die wirtschaftliche Lage schlecht und die Konsumentenzurückhaltung hochgradig ausgeprägt ist?
Sei es, wie es sei, die Zeit da der Rekord im Unterwasserdauernasebohren angedroht wird, ist nicht mehr fern...
Kopfschütteln. Mehr bleibt hier nicht zu tun, angesicht derartiger massiver Untertunnelung kognitiver Standards. Und auch hier wird wieder besonders deutlich, dass der größte Nachteil des Internets letztlich ist, dass heute jeder jedweden Quatsch auf dieser informationstechnischen Entsorgungsfläche abladen und einer staunenden Öffentlichkeit zum Angesicht bringen darf, nur um sich vor großem Publikum endlich mal zu produzieren auch wenn er eigentlich gar nichts Relevantes vorzutragen hat. Aber das ist eine ganz andere Problematik .