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Mittelmeerfahrt mit der SY Florette nach Capri, Ischia und den Äolischen Inseln (Italien), August 2004

Zu Beginn des August 2004 brachen wir zu unserer inzwischen zweiten Reise mit der SY Florette durch das Mittelmeer auf. Die Route führte zunächst von Vibo Valentia auf dem süditalienischen Festland nach Capri, dann nach Ischia. Von dort ging es weiter nach Procida und Sorrent und dann wieder zurück nach Capri. Nach dieser ersten Woche wurden die Äolischen Inseln angefahren, die bereits bei unserer ersten Reise im Jahre 2000 besucht wurden. Zuerst Stromboli (auf der sich der gleichnamige Vulkan befindet), dann Panarea und danach Lipari. Weiter ging es nach Vulcano, dann - etwas ungeplant - wieder zurück nach Lipari, da ein Teilnehmer der Reise einen leichten Dekompressionsunfall erlitten hatte und ärztliche Versorgung brauchte. Zum Abschluss ging es dann noch einmal nach Panarea, von wo der letzte Teil der Fahrt startete: der Rückweg zum Festland bei Vibo.
 

Zur Geographie der Äolischen Inseln 

Die 7 großen und 11 kleinen Inseln dieses Archipels liegen ca. 25 bis 60 km nördlich von Sizilien im Tyrrhenischen Meer. Sie sind vulkanischen Ursprungs. Die wohl bekannteste Insel dürfte Stromboli sein, auf der sich einer der heute noch aktivsten europäischen Vulkane befindet. Andere bekannte Inseln sind Vulcano, Lipari und Salina. Von der Hauptinsel (Lipari) haben die Inseln auch ihren Zweitnamen, "Liparische Inseln". Die Italiener, die nicht auf Lipari wohnen, hören den aber nicht so gerne, so dass die Inseln in Italien "Isole Eolie o Lipari" heißen, womit wohl jedem gedient ist. Verwaltungstechnisch gehören die Inseln zu Sizilien.

 


Auf Vulcano

Der Krater des Vulcano

Vulcano mit Vulcanello

Das Schiff


Die Florette vom Begleitboot aus fotografiert

Die Florette ist ein zweimastiges historisches Segelschiff, das in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts als Marmorfrachter in Dienst gestellt wurde. Nach zahlreichen Um- und Einbauten dient es heute als Touristenschiff, das im westlichen Mittelmeer kreuzt. Das Schiff ist in einem guten Zustand, verfügt über einen Motor, der ihm eine Geschwindigkeit von 5 bis 7 Knoten verleiht, und ist ausgestattet mit der heute gängigen Infrastruktur wie einem Generator für 230 V Spannungsversorgung (der tagsüber und abends insgesamt ca. 16 bis 20 h pro Tag läuft, bei Nachtfahrten auch rund um die Uhr), mehreren Duschen und Toiletten. Auch die üblichen nautischen Hilfsmittel sind vorhanden: Radar, Echolot, GPS-Navigation, etc. Für den Transport der Taucher stehen zwei Schlauchboote mit ausreichender Motorisierung zur Verfügung. Das größere der Boote ist mit Echolot ausgestattet, so dass die Taucher genau über der gewünschten Tiefenlinie in das Wasser gelassen werden können.

Die Gäste wohnen in Doppel- oder Dreierkabinen unter Deck. Leider ist der Komfort der Kabinen - auch durch die Bauart des Schiffes bedingt - sehr gering. Sie sind sehr klein, verfügen über keine Klimaanlage oder wenigstens einen Ventilator und sind daher bei den hohen Temperaturen im Sommer nachgerade unerträglich heiß. Die höchste Temperatur, die wir messen konnten, betrug 36°C in der Kabine. Auch nachts fällt die Temperatur selten unter 28°C, da sich auf Grund der Tatsache, dass die einzige Möglichkeit der Belüftung ein relativ großes Oberlicht ist, die Hitze in der Kabine staut. Schlafen in der Kabine wird dadurch höchst problematisch. Nach kürzester Zeit schwimmt man auf seiner Schaumstoffmatratze im eigenen Saft und ringt nach Luft. An Durchschlafen war kaum zu denken. Prinzipiell besteht zwar die Möglichkeit, die Nacht auch an Deck zu verbringen, doch stellt sich hierbei angesichts von mehr als zwanzig Personen an Bord zum einen ein gewisses Platzproblem, wenn alle an Deck schlafen wollten, und zum anderen ist die gesamte hierfür benötigte "Ausrüstung" von zu Hause mitzubringen: (nach Möglichkeit gepolsterte) Iso-Matte, da es keinerlei Schaumstoffmatten als Unterlagen an Bord gibt, sowie ein Wasser abweisender Schlafsack, da es im Morgengrauen dann doch nass-kühl wird, die Verwendung des Bettzeugs aus den Kabinen (deswegen) an Deck aber nicht gestattet ist.

Es wurden täglich Frühstück, Mittag- und fallweise Abendessen angeboten (ca. jeden zweiten Tag wird an Land gegessen, da wir für eine Woche Voll- und für eine Woche Halbpension gebucht hatten). Das Essen ist gut, abwechslungsreich und naturgemäß (es müssen über 20 Personen auf einmal verpflegt werden) eher einfach gehalten.

An Bord gibt es Getränke zu kaufen, der Verbrauch wird in eine Strichliste eingetragen. Die Preise sind sehr hoch. So kostet eine 0,5 l-Dose Getränk (Pepsi-Cola, Orangenlimonade, Bier) 2,60 € (mehr als 5 DM nach alter Währung!). Eine 2-Liter-Flasche Mineralwasser schlägt mit 1,80 € (ca. 3,50 DM) zu Buche. Die Einkaufspreise der jeweiligen Artikel liegen übrigens deutlich niedriger. Schaut man im "Alvi"-Markt in Vibo nach (dem Hafen, von wo aus das Schiff ablegt), in dem u.a. die erwähnten, an Bord erhältlichen Getränkeartikel angeboten werden, so kostet dort die identische Orangenlimonade 0,40 €, Pepsi-Cola 0,42 € und das Bier (Tuborg) 0,75 € pro Dose. Mineralwasser ist im Discounter für 0,30 € je Flasche im 6er-Pack im Angebot. Die Preise auf der Florette liegen demnach zwischen dem 3 1/2- und dem 6-fachen (!!) des Einkaufspreises. Dies ist meiner Meinung nach auch unter nötiger Berücksichtigung des Belieferungsaufwands nicht gerechtfertigt. Des Weiteren war auch der Kaffee, der außerhalb des Frühstücks getrunken wurde, extra zu bezahlen (0,80 € pro Tasse bzw. eine bestimmte Pauschale für den ganzen Urlaub), was dann doch einigermaßen kleinlich wirkt, insbesondere, wenn man bedenkt, dass für die gesamte 2-wöchige Kreuzfahrt bereits ca. 1600,- € pro Person inkl. Tauchpaket (20 TG) entrichtet werden müssen. So fallen am Ende der Reise erhebliche Zusatzkosten an. Eine 4-köpfige Familie bezahlte beispielsweise 300,- € alleine für die Getränke an Bord.

Tauchen

Das Tauchen war letztendlich der positive Aspekt der Reise. Unvergleichliche Tauchplätze, mit die schönsten Tauchgänge, die man machen kann. Und man kann sie so gestalten, wie man es selbst für richtig hält. Da es an Bord keine Diveguides gibt (was aber nicht bedeutet, dass sich nicht doch die allfälligen Wichtigmacher fanden, davon aber später mehr) wurden die traditionellen Vorgehensweisen des Tauchsports angewendet: individuelle Tauchgangsplanung, eigenverantwortliches Tauchen in 2er- oder 3er-Gruppen bzw. bei Bedarf auch Solotauchen. Die Tauchbedingungen sind also für Sporttaucher, die Tauchen ohne die heute übliche Gängelung suchen, fast ideal.

Die Tauchplätze waren reich an stark diversifizierter Flora und Fauna. Es handelte sich i. W. um Steilwände oder steile Abfälle mit Neigungen von über 45°. Die Tauchtiefen lagen i. d. R. zwischen 60 und 80 Metern, wobei es innerhalb der anwesenden Gruppe aber auch einzelne Komiker gab, die sich absichtlich vom Schlauchboot über völlig uninteressanten Sandflächen bei 90 bis 100 Metern Wassertiefe aussetzen ließen, um notfalls eben auch 'gewaltsam' auf den nötigen N 2 -Partialdruck zu kommen. Derlei "Notabstieg" habe auch ich mir einmal, allerdings eher zwangsweise, vor Sorrent angetan, als der Abwurfpunkt vor der Küste nämlich zu weit entfernt von der Uferlinie war und ich dann auf der 84 m-Linie landete und dort infolge schlechter Sicht und eines völlig konturlosen Sandbodens satt in einer vermutlich sehr lustig aussehenden Staubwolke aufschlug. Ha, ha! Immerhin ein guter Gag, aber einigermaßen unergiebig und daher als dauernde Methode, einen Mittelmeertauchgang zu beginnen, aus meiner Sicht eher weniger erstrebenswert.

Die Tauchzeiten betrugen aufgrund der langen Dekompressionsphasen immer mehr als 60 Minuten. Die Tauchflaschen werden mit einem Bauer-Kompressor gefüllt, der sich im vorderen Bereich des Schiffes befindet. Der Fülldruck der Tauchflaschen war bei meinen Flaschen immer ca. 220 bar.

Tauchergruppendynamik

Eine der Begleiterscheinungen bei solcherart Gruppenreise ist, dass man Leute, die man vorher in der Mehrzahl der Fälle allenfalls aus der Distanz kannte (i. e. ausschließlich durch das Internet und auf Basis ihrer dort veröffentlichten Beiträge), hier durch das zweiwöchige Zusammenleben auf engstem Raum zwangsläufig näher kennen lernt. Das kann gut gehen, muss aber nicht. Und so stellt der geneigte Reisende dann plötzlich fest, dass der eine oder andere vorher durchaus nicht unsympathische Mensch sich unversehens als ziemlich nervtötender Zeitgenosse entpuppt.

Derlei Findungsvorgänge geschehen dann insbesondere vor dem Hintergrund der üblichen gruppendynamischen Prozesse, bei denen Individuen den für sich selbst als angemessen angesehenen Platz in der Gruppe von eben dieser einfordern. Da gibt es dann die "Anführer", die "Adjutanten", die "Kritiker", die die gewünschte Autorität des Anführers unterlaufen, und die schweigende Masse. Sie lesen hier übrigens gerade den Beitrag des "Kritikers". ;-))

Besonders wichtig sind demnach die "Anführer", die ganz oben in der Hierarchie stehen (wollen). Ein besonders krasses Beispiel, wohin die notwendigen Profilierungsversuche auf dem Weg zur Spitze der Gruppe führen können, war denn auch ein Mittaucher, der in der entsprechenden Newsgroup gerne durch langatmige Beiträge auffällt, in denen er durchweg liberale Positionen vertritt (gegen Diveguides, gegen Bevormundung jedweder Art, für Eigenverantwortung, für das fallweise ausgeübte Recht auf Selbstgefährdung beim Tauchsport, etc.), sich dann aber in der Wirklichkeit zum Chef an Bord aufzuschwingen versucht, der als Kombination aus Gruppenführer, Hilfskapitän und Alleswisser zu allem und jedem (notfalls auch zur Konstruktion von Bassgitarren-Verstärkern ) eine – und zwar die stets richtige! - Meinung hatte, die er dann auch ständig kundtun und dabei das letzte Wort behalten musste, selbst wenn er sich dabei im Ergebnis allenfalls durch fehlende Sachkenntnis profilierte. Er fiel meiner Partnerin und mir bereits nach wenigen Tagen insbesondere dadurch auf, dass er durch ständige ebenso altkluge wie weitgehend sinnfreie Ratschläge den anderen Mitreisenden deutlich machen wollte, über welchen seemännischen (schließlich machte er die Reise zum x-ten Male) und taucherischen Erfahrungsschatz (er ist immerhin praktizierender Urlaubstaucher!) er verfüge und was andere doch alles noch von ihm lernen konnten. Derlei Verhalten ist natürlich besonders dazu geeignet, von den anderen Mitgliedern einer Tauchgruppe die Meinungsführerschaft zugesprochen zu bekommen.

Wie weit Anspruch und Wirklichkeit in diesem speziellen Falle aber dann doch auseinander lagen, wurde an schönen Beispielen deutlich. Eines davon: Eben jene Person, die sich wohl für den Tauchmeister par excellence zu halten pflegt, hatte keine Probleme, die Tatsache, dass ein Mittaucher (namentlich der Autor dieses Textes) das ankerlos treibende Schiff am Ende des Tauchgangs antauchte, um an Bord zu gehen, lautstark als immer, unter allen Umständen und ausnahmslos hochgradig gefährlich und verantwortungslos (insbesondere dem Schiffsführer gegenüber) anzugehen. Dass der Autor seine Entscheidung im konkreten Fall aber gerade deswegen so und nicht anders getroffen hatte, weil das Schiff hier in geringer Entfernung bei offensichtlich völlig ruhiger und strömungsfreier See ortsfest vor sich hin dümpelte und auch keinen Anlass hatte, sich von dort wegzubewegen, weil es auf das Schlauchboot wartete, das gerade ein Häuflein der übrigen Taucher aufsammelte, wurde ganz im Sinne der sonst doch immer so vehement kritisierten generalisierenden Sichtweise der Dinge gar nicht erst zur Kenntnis genommen. Denn genau da liegt die Krux. (Vordergründige) Liberalität und der Satz "Das tut man nicht" passen eben nicht zusammen. Es stellt sich also die Frage: warum hat der Herr eigentlich so derartig panische Angst vor dem Anschwimmen des (sein Lieblingswort) "treibenden Schiffes"? Nun, irgendwann wird er mal "gerlernt" haben (also vom Hörensagen erfahren haben) dass, "man" das eben nicht tut.

Exkurs: Warum stirbt man zwangsläufig bei solch einer Aktion? Versuchen wir, auf diese Frage eine Antwort zu finden und machen ein Gedankenexperiment. Stellen wir uns die Situation also zuerst einmal vor. Der Kahn (fast 40 Meter lang, eine Masse wie mindestens eine Diesellokomotive, wahrscheinlich mehr, und ausgerüstet mit einem schwachen Antrieb) treibt bei völlig ruhiger Wassseroberfläche strömungs- und damit bewegungslos dahin. Ein Mensch befindet sich im Wasser am vorderen Ende des Bootes wo sich der Einstieg mit Leiter befindet. Es sei, so argumentierte der Obertaucher, gefährlich, weil man nun von der Schraube des Schiffes zerstückelt werden könnte. Stimmt. Man kann grausig zerfetzt werden. Wenn man 20 Meter zum Heck schwimmen und dann noch mal 2 m untertauchen würde und sich zügig in die Mitte des Rumpfes begeben würde, ja, dann könnte man tatsächlich in die Schraube geraten. Wenn die sich denn drehen würde und der schwimmende Mensch so exorbitant blöd wäre, zum Heck zu paddeln. Dann hätte er es aber wirklich nicht besser verdient. Oder, andere Möglichkeit, man könnte vom Rumpf des Schiffes, das sich unversehnds auf einen zu bewegt, gaaaanz schlimm "zerquetscht" werden? Geht das? Hier hilft uns die Physik. Wir wissen: Ein Schiff hat eine große Masse und ist daher träge. Der Taucher hat eine kleine Masse und ist daher beweglich (nicht besonders träge). Das Schiff komme nun auf den Taucher zu. Der Taucher wird nun mitnichten zermalmt (wogegen denn auch) sondern sanft weggeschoben (große Masse gegen kleine Masse), wenn er sich nicht selber vom Schiff absößt (was die natürliche Reaktion wäre). So etwas habe ich tatsächlich mal am Bodensee (üb)erlebt, als das Tauchschiff, das mich wieder an Bord nehmen sollte, auf mich zukam und mich touchierte, einfach weil der Kapitän unaufmerksam war. Ich habe überlebt, wenn auch nur knapp ;-). Also auch Blödsinn. Dritte Möglichkeit: Ein anderes Schiff erscheint (woher denn ist eine andere Frage, eventuell ja der "fliegende Holländer") und man wird zwischen beiden Booten eingeklemmt. Eingeklemmt zwischen Rümpfen, von denen zumindest einer an der Bordwand nicht senkrecht geschnitten (wie ein modernes Frachtschiff z. B.) ist so dass immer ein Hohlraum knapp oberhalb der Wasseroberfläche verbleibt? Und wenn nicht? Na und, dann taucht man halt in Gottes Namen ab. Schließlich ist man Taucher und kein Schwimmer. Fazit: Alles Blödsinn in der konkreten Situation. Dummschwatz und Wichtigmacherei eines profilierungssüchtigen Hobbykapitäns eben.

Apropos "profilierungssüchtig". Spannend war auch, was ungezählte "Experten" (meistens Hobbykapitäne und solche, die es werden wollen) in der Newsgruppe de.rec.sport.tauchen zu dem Thema beizutragen wussten. Brrrr, schüttel! Einzelheiten erspare ich mir und Ihnen, kann aber zumindest soviel sagen, dass hier mal wieder eine bunte Mischung aus Moralin in erhöhter Konzentration ("mit Dir will ich nie auf einem Schiff sein!"), äußerst gewagten Unterstellungen, sehr dürftig belegten Hypothesen, gekonnt rekapituliertem Hörensagen, "realen" (oder eben das, was man im Einzelfalle als "real" ansieht) Alltagserfahrungen gepaart mit der üblichen Fabulierwut der Netztaucher zu einer schönen aber letztlich schwer verdaulichen Melange angerührt wurde. Nach 3 Tagen konnte ich mir das unsägliche Geschreibe leider nicht mehr antun und habe die Gruppe deabonniert.

Kommen wir zurück zur Person des "Obertauchers" und potenziellen Gruppenanführers. Denn auch wenn er selber das Verhalten anderer kritisierte so war er mitnichten das entsprechende Vorbild, denn plötzlich zeigte dieselbe Person nur wenige Tage später ein herausragendes Beispiel an Verantwortungsbewusstsein, als sie sich nach einer Nacht mit, wie es Mediziner schön umschreiben, "exzessivem Alkoholkonsum", der bis in die frühen Morgenstunden dauerte (die Teilnehmer an dem ausgedehnten Umtrunk sahen beim Frühstück daher allesamt heftig angeschlagen und wenig tauchtauglich aus) mal eben am Vormittag alleine ohne Tauchpartner auf eine Wassertiefe von 90+ Metern versenkte. Das mit dem fehlenden Tauchpartner geht ja noch in Ordnung, wer macht denn freiwillig so einen hochgefährlichen Schwachsinn mit? Na ja, und das mit dem Tauchen in Zustand der Trunkenheit mit Restalkohol im Blut darf man auch nicht immer sooo eng sehen, denn der Herr hat mal in der Taucher-Newsgroup die These vertreten, er sei bei 50 Metern mit einer Flasche Wein intus völlig klar im Kopf. Na dann: "Wohl bekomm's!" Die einschlägigen tauchmedizinischen Veröffentlichungen scheint er übrigens nicht zu kennen, denn die führen ganz andere Sachverhalte zum Thema "Tauchen unter Alkoholeinfluss" aus. Und damit dürften sich erhebliche Schwierigkeiten ergeben, die These zu belegen, auch mit einer gravierenden Menge Restalkohol im Blut nebst Schlafmangel tauche es sich ganz prima. Fazit: Soviel vorsätzlicher Leichtsinn und Unverstand schlägt nicht nur einem Fass den sprichwörtlichen Boden aus.

Dann fiel eben dieser Mensch auch noch dadurch auf, dass er nach einem längeren Tieftauchgang wohl erkennen musste, dass die Planung seines Luftvorrates (wenn es denn überhaupt eine gab) gerade wohl ziemlich heftig danebengegangen war. So musste er sich dann bereits für die tieferen Dekompressionsstufen unterhalb von 3 Metern Wassertiefe eine Zusatzflasche von Bord herunterreichen lassen, da sein eigener Luftvorrat für ein regelgerechtes Austauchen offenkundig nicht mehr ausreichend war. Er spielte diese gravierende taucherische Fehlleistung, die bekanntermaßen im ungünstigsten Falle in den Rollstuhl oder zumindest in die Druckkammer führen kann, dann abends beim Essen allerdings in gewohnt lässiger
Manier herunter. Schließlich ging es um sein eigenes Fehlverhalten, da ist man naturgemäß ja gerne mal etwas großzügiger, was aber nichts am Sachverhalt ändert. Wenn einem Taucher bereits bei den tieferen Dekostufen das Atemgas ausgeht und nicht erst in den letzten fünf Minuten – was schon unschön genug wäre –, sind wohl Fragen hinsichtlich der Fähigkeit angebracht, anspruchsvolle Tauchgänge sachgerecht zu planen und dann aber auch vernünftig durchzuführen. Mit wenig Luft in der eigenen Flasche regelgerecht auszutauchen oder fast ohne Luft am Dekoseil anzukommen sind halt zwei gänzlich verschiedene Paar Stiefel. Nicht gerade sehr vorbildhaft, die erste Alternative zu wählen.

Apropos "Vorbild": Wenig als Vorbild für junge (und auch alte ;-) ) Taucher geeignet ist wohl auch die Demonstration dieses Mittauchers, dass die exzessive Verwendung von Genussgiften nicht nur im Falle des Alkohols der taucherischen Betätigung mitnichten abträglich sei. So war auch der "blaue Dunst" entsprechend gefragt und es wurde nötigenfalls auch noch bis wenige Sekunden vor dem Einspringen in das Wasser genussvoll an einem Sargnagel gezogen. Wenn die Sucht ausreichend stark ist, wird der Rauchgenuss beispielsweise nach der eigenen Mahlzeit auch dadurch nicht weiter gestört, dass andere am Tisch noch ihre Nudeln löffeln. Die entsprechende Mengen an Kippen, die dabei dann pro Tag anfielen, wurden gerne ebenso profimäßig wie lässig direkt über die Reling ins Meer entsorgt. So viel Umweltbewusstsein und Mitdenken in ökologischen Fragen beeindruckt. Dafür darf man dann als Chef vom Dienst auch mal andere richtig abkanzeln. Schließlich zeigt man ja permanent, dass man "The leader of the pack" und damit ein wahres Vorbild unter und über Wasser ist.

Spannenderweise hatten dieser Herr Frey und sein Kumpel Berger (beides Kettenraucher der übelsten Sorte und sowas von notorisch unfit) ihre Tauchgangsplanung überhaupt nicht im Griff. Man sah sie gelegentlich bei Ende des Tauchgangs unter dem Boot hängen mit noch ordentlich Dekozeit auf der Uhr während man ihnen von oben volle Flaschen anreichte, weil in den mitgeführten der Innendruck fast auf 0 abgesunken war. Schlechte Taucher, die in der NG d.r.s.t aber stetig einen auf "dicke Hose" und "Tieftaucher" machen.

Gelernt habe ich durch das Beobachten von Menschen (und in diesem Falle trifft dies 100%ig zu), dass die Art der Selbstdarstellung in der wie auch immer gearteten Öffentlichkeit und die wirklich vorhandenen Kenntnisse und Fähigkeiten einer Person sehr oft diametral entgegengesetzt sind. Anders gesagt: Je lauter einer dröhnt, desto weniger kann er i. d. R.. In einer Newsgroup kann man gerne und weitgehend widerspruchslos den tollen Taucher geben. Die Wirklichkeit zu bestehen ist da fallweise schon wesentlich schwieriger.

Der so vorbildliche 'Chef' hatte natürlich noch einen Adjutanten, der sich eilfertig darin ergab, ihm plichtschuldigst beizuspringen, während die Masse konsumierte. Aber der ist eigentlich ohne Relevanz. Abgesehen davon, dass der Adjutant seinen geglückten 108-m-Tauchgang abends zuvor mit einer Flasche Sekt an Bord feiern musste und uns endlich mal einen "Grund" zum Feiern lieferte. Da konnte man mal live und in Farbe erleben, wie sich physisch ausgewachsene Männer im Stile 18-jähriger postpubertärer Bürschchen generierten und das Spiel "Wer hat den Längsten?" statt mit dem Durchmesser des Auspuffs ihres getunten Golf GTi mit den Meterangaben auf ihren Tauchcomputern spielten. Und das war dann nur noch peinlich.

Was es sonst noch gab...

Ein Tauchunfall

Während der Reise war ein leichter Fall von DCS I zu verzeichnen. Die betreffende Person machte am Nachmittag einen Wiederholungstauchgang vor Vulcano bei Testa grossa ("Dicker Kopf") in eine maximale Tiefe von 70 m mit 14 Minuten Grundzeit und entwickelte sofort nach dem regelgerechten Austauchen dennoch Gelenkschmerzen im Arm und rote Flecken im Bauchbereich. Sie wurde dann zunächst an Bord mit normobarem Sauerstoff versorgt, der bereits Linderung brachte, und anschließend von der Küstenwache in Begleitung eines weiteren Tauchers und mir in das Krankenhaus von Lipari gebracht, wo bereits eine einzige Druckkammerfahrt ein völliges Verschwinden der Symptome erbrachte. Nach einer Nacht zur Beobachtung und einer weiteren kurzen Fahrt in der Rekompressionskammer wurde der Taucher tags darauf gegen Mittag wieder an Bord genommen.

Exkurs zu "Testa grossa": Dieser Tauchplatz wird des Weiteren auch einer Taucherin in denkwürdiger Erinnerung bleiben, die man als gut geübt und hinreichend erfahren bezeichnen kann. Jedenfalls macht sie pro Jahr ca. fünfmal so viele Tauchgänge wie mancher Obertaucher. Sie und der später verunfallte Taucher kamen beim ersten TG des Tages nämlich ein wenig vom Kurs ab, landeten dadurch hinter einem Felsen außerhalb des Sichtbereichs der Florette und mussten sich daher 'per Anhalter' mit einem anderen Schlauchboot zur Florette zurückfahren lassen. Eigentlich ja alles gar kein Problem. Von den anwesenden Obertauchern wurde dieser kleine Lapsus später jedoch nichtsdestotrotz sehr gerne, lang anhaltend und vor allem entsprechend hämisch und süffisant kommentiert. Denn schließlich machten solche Herren ja immer alles richtig, wie die oben genannten Beispiele zeigen. Und Fehler (reale oder vermeintliche) machen vor allem Spaß, wenn andere sie machen.
 
 


Zurück zum Tauchunfall: Der Tauchgang, nach dem die Symptomatik bei dem Taucher auftrat, wurde von mir geführt. Die Austauchregeln wurden nach dem im SBTC implementierten, auf Bühlmann basierenden Rechenverfahren durchgeführt. Allerdings wurden die Übersättigungstoleranzen zwecks schonender Druckentlastung bereits um den Faktor 1,3 kritischer angesetzt, d. h. die Dekompressionszeiten waren gegenüber dem ursprünglichen Parametersatz des Bühlmannverfahrens deutlich verlängert. Auch der vom verunfallten Taucher verwendete Suunto-Computer zeigte eine regelgerechte Dekompressionsphase. Ca. 10 Minuten vor dem endgültigeni Auftauchen las ich den Rechner des Tauchers nochmals ab, bereits hier war keine Dekompressionspflicht mehr angezeigt. 

Allerdings hatte der Verunfallte am Vormittag bei dem ersten Tauchgang eine nicht unerhebliche Vorsättigung erhalten, da sein Tauchgang nach Erreichen der Maximaltiefe vom 70 m noch länger in Tiefenbereichen verlief, in denen sich die langsameren Kompartimente noch aufsättigen, während die schnellen von der vorangegangenen tiefen Phase bereits wieder entsättigten. Die Oberflächenpause betrug ca. 4 Stunden.


Mein Tauchprofil bei diesem Tauchgang aufgezeichnet mit dem SBTC
Hier wurde wieder einmal deutlich, dass Tauchcomputer die realen Verhältnisse im menschlichen Körper im Einzelfalle nur sehr ungenau wiedergeben können und dass bereits zwei Tauchgänge innerhalb von 24 Stunden zu viel sein können.

"Geschwätzgebabbel"

Der glimpflich verlaufene Unfall bot allerdings den mitreisenden Vielschreibern der Newsgroup, die zu diesem Zeitpunkt seit fast zwei Wochen auf Veröffentlichungsentzug und daher entsprechend angespannt waren, einen unverhofften Anlass, ihren Triebstau zu beseitigen und nun für den gesamten Rest des Tages ihrer eher wenig ergiebigen Lieblingsbeschäftigung nachzugehen: dem Formulieren von Tauchthesen und vagen Unterstellungen im Hinblick auf all das, was "vermutlich", "vielleicht", "eventuell", "womöglich", etc. die Unfallursachen waren. Anschließend wurden pflichtgemäß noch die Aspekte moderner Tauchcomputer für das Dekompressionstauchen debattiert, allerdings ohne dass die meisten der Wortführer (unter ihnen der bereits oben erwähnte oberste Tauchgruppenführer) sich durch irgendwelche über das taucherische Allgemeinwissen hinausgehende Kenntnisse der mathematischen Dekompressionsalgorithmik oder die Programmierung von Dekompressionsrechnern hervorgetan hätten. Aber egal. Wie bei "richtigen" Tauchern üblich, gilt der Satz: "Sachkunde kann eine lebhafte Diskussion nur behindern!" (Zitat Uwe Stöckel).

Es muss, so wurde berichtet, darin geendet habe, dass man feststellte, der Verunfallte solle sich unbedingt auf ein offenes Foramen ovale (PFO) untersuchen lassen. Dass es von den "Dekompressionsexperten" allerdings keiner für nötig befunden hatte, mal zur Abwechslung darüber zu diskutieren, wer denn den Verunfallten abends oder am nächsten Morgen im Krankenhaus (ca. 5 min. vom Hafen in Lipari entfernt, wo die Florette vor Anker lag) besucht, sondern dies großzügig und ausnahmsweise auch widerspruchslos Claudia und mir überlassen wurde (Claudia spricht hervorragend Italienisch und musste alle Fragen zwischen Arzt und Patient übersetzen und beim Ausfüllen der Formulare assistieren), ist ein kleines, aber nicht uninteressantes Detail am Rande.

A propos... Die Bauweise des Schiffs kann es kaum verhindern, sich die mitunter dröhnend vorgetragenen Thesen, Unterstellungen und Theorien mancher Anwesender, egal, ob sinnvoll oder nicht, dauernd antun zu müssen.Aber wie heißt es so schön? "Dumm g'schwätzt ist schnell." So boten zumindest die abendlichen Landgänge eine gute Möglichkeit, sich mal von der fabulierfreudigen Taucherschar abzusetzen und in einem abseits der großen Straßen liegenden Lokal die relative Stille zu genießen. Motorenlärm von Vesparollern klingt dann, verglichen mit der unablässig plappernden Tauchermasse, nachgerade wie Musik in den Ohren.

Tauchcomputertests

Ich nutzte die Reise insbesondere für intensive Tests mit dem SBTC, weil ich hier einerseits Tauchtiefen von über über 80 Metern erreichen konnte und zweitens das Gerät fast ständig im Dauereinsatz mit 2 TG pro Tag war. Der heimgebaute Dekompressionscomputer arbeitete wie nach den vorangegangenen ca. 180 Tauchgängen im Süßwasser zuerst ohne Beanstandung. Nur eines mochte er gar nicht: hohe Sinkgeschwindigkeiten. Er reagierte darauf mit völlig unsinnigen Anzeigen auf dem LCD, während dabei die Dekompressionsrechnung als solche aber völlig korrekt ablief (was man jedesmal erkennen konnte, wenn sich das Display wieder mal zum korrekten Arbeiten entschloss). Nach mehrtägigem intensivem Suchen und sukzessivem Ausschließen aller Fehlerquellen (wie z. B. hohe Luftfeuchtigkeit im Gehäuse, Akkuspannungsprobleme, Kontaktstörungen in der Displayleitung, Speicherfehler im "Flashmemory", etc.) fand ich den Fehler letztlich dann in der Software der Nullzeitberechnung. Die entsprechende Funktion enthielt am Ende einen Programmteil, der wegen einer logisch falschen Abfolge von Befehlen zu einem Speicherschreibfehler führte, welcher sich dann in den Displayroutinen niederschlug. Nach Behebung dieses Fehlers war das Displayproblem verschwunden.

Das Mysterium der Schwarzen Koralle

Von den Obertauchern an Bord immer wieder erwähnt wurde die Schönheit der "Schwarzen Koralle", die in Tiefen von 50 und mehr Metern anzutreffen ist. Am vorletzten Tag wurde vor Vulcano der Platz angefahren, an dem einige Vertreter dieser Spezies wachsen. Der vorher erwähnte oberste Taucher an Bord übernahm eilfertig die Tauchgangsorganisation (fast noch schneller als er den Küchendienst organisiert hatte, denn auch bei einer Reise für 1600,-€ muss man halt mal abtrocknen, das ist ja in jedem teuren Hotel so, dass auch die Gäste aus der Fürstensuite einmal pro Woche in die Küche einrücken müssen ;-) ), indem er ankündigte, den Diveguide zu spielen und all den Unwissenden an Bord die betreffende Stelle zu zeigen. So tauchte ein größeres Rudel gemeinsam dorthin ab. Da ich Rudeltauchen jedoch verabscheue und der Devise "Diveguides? No thanks!" anhänge, verabsentierte ich mich beizeiten von dem Rudel und fand die betreffende Lebensform in 65 Metern Tiefe problemlos auch ganz ohne "Guide". Letztendlich leider nur ein wenig graues Gestrüpp - das war's. "Und deswegen machen die so einen Aufstand?" fragte ich mich, die Stirn unter dem Rand der Tauchermaske runzelnd, beim Davonpaddeln.

Fazit

Mai più. Almeno non così.