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Tauchunfälle
- Ursachen und Vermeidung
Auf dieser Seite möchte
ich, im Gegensatz zur Analyse der Tauchunfallstatistik, exemplarisch
einige
Tauchunfälle beleuchten und herausarbeiten, wie es zum Unfall kam
und wie er hätte vermieden werden können. Die hier
besprochenen
Unfälle wurden (von den Beteiligten selbst oder anderen
informierten
Personen) sehr detailliert geschildert, was dann auch erst eine
sinnvolle
Auswertung möglich machte. Leider ist dies nur bei einer
Minderzahl
von gemeldeten Tauchunfällen der Fall.
1. Beispiel: Fataler
Leichtsinn - Tauchunfall im Bodensee
Im Frühjahr 2002
kam es zu einem Tauchunfall im Bodensee, in dessen Folge einer von zwei
an dem Tauchgang beteiligten Taucher sein Leben verlor.
Unfallhergang
Die beiden Taucher
wollten einen tiefen Tauchgang durchführen. Dazu tauchten sie nach
Einbruch der Dunkelheit am Steilufer in Überlingen ab. Sie
schwammen
vor dem Abtauchen an der Oberfläche relativ weit in den See
hinaus,
um einen freien Abstieg auf eine Tiefe von vermutlich ca. 70 m
Wassertiefe
zu beginnen. Im Laufe dieses Abstieges verloren sie sich dann. Einer
der
beiden Taucher (A) kam auf ca. 70 m an, lag dort am Boden und war nach
Aussage des Begleiters (B), der ihn kurz darauf fand,
handlungsunfähig.
Der andere Taucher (B) versuchte, ihn zu retten, also an die
Oberfläche
zu verbringen, was jedoch misslang.
A und B hatten
wohl vereinbart, dass man im Falle des Partnerverlustes alleine
weitertauchen
solle.
B konnte sich an
die Oberfläche retten und wurde nach einer kurzen medizinischen
Behandlung
ohne Befund aus dem Krankenhaus entlassen. A verstarb beim Tauchgang.
Weitere Fakten:
-
A und B trugen Trockentauchanzüge.
-
Die Ausrüsrung
von A war in einem ungepflegten und teilweise nicht einsatzfähigen
Zustand. Einer seiner Atemregler war seit dem Kauf vor drei Jahren
nicht
mehr gewartet worden.
-
Die Auftriebshilfe
von A war mit 16 Litern Wasserverdrängungsvolumen in keiner Weise
geeignet, einen Trockentaucher mit seiner hohen Bleimenge aus einer
größeren
Tiefe anzuheben
-
A tauchte mit einer
12-Literflasche und einem Anfangsdruck von 186 bar (lt.
Computerprotokoll),
die zur Verfügung stehende Luftmenge betrug also gerade etwas
über
2200 Liter.
-
Beide Taucher hatten
ca. 200 bis 250 TG Erfahrung.
Fazit
Wie hätte dieser
Unfall vermieden werden können?
-
Tieftauchgänge
im Süßwaser über 50 m WT sind nur dann noch
einigermaßen
sicher durchzuführen, wenn an die Ausrüstung
sehr hohe Anforderungen
gestellt werden. Dazu gehört
insbesondere
ein ausreichender
Luftvorrat (> = 3000 Liter), unter den im Kaltwasser herrschenden
Bedingungen
erprobte Atemregler (die auch gewartet und betriebssicher sein
müssen)
und ein Tariermittel, das mindestens 25 l Auftriebsvolumen (entspr. 250
N) bereit stellen kann. Wenn der Bleibedarf des Tauchers höher
ist,
muss auch das Tariermittel den zur Kompensation benötigten
Auftrieb
alleine
herstellen können. Ein Trockentauchanzug ist als
Zusatztariermittel
(Notreserve) nicht die erste Wahl, da zu störanfällig.
Sog.
"Urlaubs"- und "Reisejackets" eignen sich nicht für
Tauchgänge
mit Trockentauchanzügen.
-
Weiterhin sind Freiwasserabstiege
nachts auf Tiefen > 50 m etwas, von dem eigentlich aus mehreren
Gründen
abgeraten werden muss: Die psychische Belastung ist einerseits beim
Abstieg
ohne Bezugspunkte sehr hoch. Die Gefahr einer frühen
Stickstoffnarkose
ist dadurch stark erhöht. In das Gewässer weiter hinaus zu
schwimmen
ist problematisch. Gerade bei den topographsichen Verhältnissen an
Steilhalden wie am Bodensee weiß man in der Folge nicht, auf
welcher
Wassertiefe man den Grund erreichen wird. Dies können dann u. U.
schon
10 m zu viel sein.
-
Bei Partnerverlust
unter Tauchgängen in diese Tiefen ist der Tauchgang
sofort
abzubrechen und beide Taucher haben wieder aufzutauchen. Eine
Vereinbarung,
nach der dann jeder alleine weitertaucht, ist unsinnig. Wenn
Solo-Tauchgänge
geplant werden, werden diese auch alleine durchgeführt. Alles
andere
ist kein Solo-TG.
2. Beispiel: Technische
Probleme mit der Ausrüstung als Unfallauslöser
Ebenfalls im Frühjahr
2002 kam es zu einem Tauchunfall in einem Baggersee.
Unfallhergang
Eine Taucherin tauchte
mit 2 Begleitern in eine Tiefe von ca. 30 m dieses Sees. Die Gruppe
wollte
danach wieder am Ufer aufsteigen. dabei kam es in 25 m Wassertiefe zu
einem
vollständingen Luftverlust im Tarierjacket der Frau. Als Folge
davon
sank die Taucherin auf den Grund ab und konnte sich alleine nicht aus
dieser
Lage helfen, da das Jacket auch die jetzt neu eingelassene Luft nicht
hielt.
Auch bemerkte sie hier erst, dass sie nur noch 40 bar Flaschendruck
hatte.
Sie versuchte daher einen Aufstieg ausschließlich durch
Flosseneinsatz.
Durch den hohen Kraftaufwand verlor sie eine Flosse. Einer ihrer beiden
Begleiter wollte ihr helfen, indem er ihr einen Zweitregler anreichte.
Jedoch bekam die Taucherin (wohl infolge ihrer Situation) Panik und
aspirierte
beim Reglerwechsel Wasser. Daraufhin kam es zum Stimmritzenkrampf. Der
Taucher, der ihr mittlwerweile zu Hilfe gekommen war, leitete nun einen
Notaufstieg ein. Die Taucherin erlitt infolge des Stimritzenkrampfes
und
der sich beim Auftauchen ausdehnenden Luft ein Barotrauma der Lunge.
Sie
überlebte glücklicherweise den TG, wenn auch mit schweren
Verletzungen.
Fazit
Wie hätte dieser
Unfall vermieden werden können?
-
Den eigenen Luftvorrat
permanent überwachen. Am Ende des Tauchganges "plötzlich" mit
leerer Flasche da zu stehen, ist unnötig.
-
Wenn das Tariermittel
ausfällt, benötigt man eine weitere Möglichkeit, den
Auftrieb
herzustellen. Beim Trockentaucher kann das
ausnahmsweise
der Anzug
sein. Beim Nasstaucher empfiehlt es sich, die Bleimenge so gering
anzulegen,
dass man zwar den TG auch mit leerer Flasche sicher zu Ende führen
kann (also eine Tiefe von min. 3 m halten kann), aber die Bleimenge auf
das absolut notwendige Minimum beschränkt. I. d. R. lässt
sich
dann ein Aufstieg nur mit Flossenbenutzung auch aus Tiefen von 20 bis
30
m noch sicher durchführen. Weiterhin besteht bei Verlust des
Tariermittels
(außer an einer Steilwand mit unabsehbarem Grund) kein Grund zur
Panik. Man lässt sich also sinken (so in dem genannten See auf
einige
Meter tiefer) und plant in Ruhe eine neue Strategie. Ein
Nottariermittel,
mit dessen Hilfe man am Grund einen initialen Auftrieb erzeugen kann,
könnte
z. B. eine
einfache stabile Plastiktüte
sein, die man im Jacket
mit sich führt. Mit ihr lassen sich die ersten Meter
überbrücken,
bis der eigene Anzug wieder Auftrieb herstellt. dann kann die Tüte
losgelassen werden und man selbst bremst den Aufstieg ab. Eine weitere
Möglichkeit wäre gewesen, das Blei abzuwerfen und dadurch den
Aufstieg einzuleiten. Hier wäre es allerdings schwer möglich
gewesen, das Auftauchen vor der Oberfläche abzubremsen.
Günstiger
als ein Barotrauma der Lunge wären die möglichen Folgen
(evtl.
leichte Symptome der
DCS
) jedoch in
jedem Falle gewesen.