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Safaga (ORCA Tauchbasis) - ein finaler Reisebericht

(oder: wie wir von einer Tauchbasis flogen...)

(Oktober 2003)

Freitg, 24.10.2003: Ankunft bei ORCA

Gestern sind wir angekommen und waren ersteinmal todmüde. Trotzdem entschlossen wir uns, abends noch kurz vor 18:00 Uhr zur Tauchbasis zu gehen und uns anzumelden. Dann nahmen wir erschöpft noch das Abendessen ein und gingen danach schlafen.

Bis hierher war alles unauffällig. Aber heute morgen vor der ersten Ausfahrt der Boote kam die Basenbetreiberin, Frau Karin van C., auf mich zu und wollte ein belehrendes Gespräch mit mir führen. Hintergrund: Die Dame hatte den Artikel über unseren letzten Aufenthalt auf "ihrer" ORCA-Basis gelesen und er hatte ihr nicht besonders gefallen. Besonders die Passagen, in denen die sog. "Techtaucher" satirisch beleuchtet werden, missfielen ihr. Außerdem glaubte sie herauslesen zu können, dass wir beim Tauchen auf ihrer Basis ihre geheiligte Tiefengrenze von 40 m überschritten haben sollten. Wo das denn in welchem Text dieser Webseite genau stehen solle, konnte sie mir aber auch auf mehrfache Nachfrage hin nicht erklären. Da man desweiteren bekanntermaßen unterhalb von 40 Metern Wassertiefe mit Sporttaucherausrüstung sowieso stirbt, wir beide aber äußerst lebendig sind, kann eine Überschreitung des ORCA-Tiefenlimits durch uns schlechterdings nie stattgefunden haben.

Bei dem Gespräch an diesem Morgen eröffnete sie mir, sie wisse, ich sei " Lufttieftaucher " (hört, hört!), und sie fände das "Sch....". Man sei hier nämlich eine Basis, die sich sehr für das "Tech-Tauchen" engagiere (ach ja...?), und fände es nicht gut, wenn andere ihre konstruktive Aufbauarbeit in Sachen "Tech" einfach "in den Boden rammen" würden. Überdies könne sie es sowieso nicht verstehen, dass ich überhaupt nochmal zu ihrer Basis gekommen sei, da ich offensichtlich die Hälfte der Gäste (nämlich die "Techies") für Psychopathen hielte. Ich erklärte ihr daraufhin, dass ich ja auch nicht meinen Lebensmittelhändler nur deshalb wechseln würde, weil er auch Produkte im Programm führe, die ich nicht besonders ansprechend finden und demzufolge auch nie kaufen würde.

Und dann wäre ich noch froh gewesen, wenn Frau van C. mir bei dieser Gelegenheit endlich mal den Unterschied zwischen "Tieftauchen mit Luft" und "Tech-Deep-Air" erklärt hätte. Mich hätte insbesondere interessiert, warum ich erst einen teuren "Deep-Air-Kurs" belegen muss, der mir aber nur die "Lizenz" bietet, "unter optimalen Bedingungen mit Pressluft in Tiefen bis zu 50 m vorzudringen." und dabei sogar "auch die Nullzeit überschritten werden darf" um dann einen noch teureren "TEC-Deep-Air-Kurs" machen zu dürfen, der sogar als "Lizenz" herhalten muss, "um mit Pressluft und zwei verschiedenen Deko-Gasen (Nitrox und Sauerstoff) im Tiefenbereich bis max. 66 m tauchen" zu können, wenn ich auch nur mit Pressluft bis 80 Meter tauchen kann. Hat sie aber nicht. Schade.

Letztlich richtete sich meine Kritik ja nicht gegen die Basis als solche, die zweifelsohne gut organisiert ist, gute Schiffe und freundliches Personal (na ja, jedenfalls bis dato...) hat, sondern gegen deren eigentümliches Geschäftsgebaren, das sich augenscheinlich dadurch auszeichnet, dass man bei den Kunden eifrigst propagiert, dass einerseits Tauchgänge jenseits der 40 m-Marke in jedem Falle und ausnahmslos nur sicher durchführbar seien, wenn man erst einmal teuerstes Geld in einen Tech-Tauchkurs stecke, um dann behängt wie ein Weihnachtsbaum ins Wasser zu springen, dass aber andererseits auch nur solche tauchenden Weihnachtsbäume die einzig wahren Taucher seien. ORCA sprach früher auf ihrer Webseite ja auch in diesem Zusammenhang ganz ausdrücklich von der "Königsklasse" (!?!) des Tauchens. Und das alles verkauft man dann (im wahrsten Sinne des Wortes) bedenkenlos auch an Kunden, die selbst nach fünf Jahren noch keine 200 Tauchgänge zusammengestöpselt haben, reine Gelegenheits-Urlaubstaucher sind und daher nicht einmal eine konventionelle Pressluft-Ausrüstung wirklich sicher beherrschen und die auch mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit in ihrer gesamten weiteren Tauchkarriere keinen einzigen Tauchgang in Angriff nehmen werden, für den man eine solche Materialschlacht wirklich benötigen würde. Hier wird dann versucht, mangelnde taucherische Grunderfahrung durch ein entsprechendes Mehr an Ausrüstungsbestandteilen zu kompensieren.

Kehren wir zurück zu unserem ersten Tag bei ORCA in Safaga: Des Weiteren erklärte mir dann die Dame, alle Guides ihrer Basis würden "einen Mordshass" auf mich "schieben" ob meines Artikels, der sich nach ihren Angaben seit der Ausstellung "Boot 2003" eines sehr hohen Bekanntheitsgrades innerhalb ihrer Mitarbeiterschaft erfreue. Und dann kam sie zur Sache: Sie erklärte, man würde von nun an "meine Tiefe ganz genau beobachten". Ich fragte mich in diesem Moment, ob die Tauchboote der ORCA-Basis jetzt auch schon Sonar an Bord haben... Sie erklärte weiter, bei über 40 m würden wir sofort von der Basis fliegen. Meine Nachfrage, ob 40,1 m denn auch schon zu viel seien, wurde prompt beantwortet: "In Deinem Falle schon". Schön, dass man auch als kleiner Nestbeschmutzer so viel Aufmerksamkeit und bemühende Zuwendung von einer Dame erfährt, die ihre E-Mails bisweilen mit einer ganzen Reihe "Qualifikationen" unterschreibt (u. a. "Deep-Air-Tech-Instructor") und die demzufolge eine wirklich herausragende Stellung in der Hierarchie des Freizeitauchens einnehmen muss. ;-))

Das alles war aber auch irgendwie absehbar, kam doch der Inhalt dieses Vortrages einige Tage vorher schon in ähnlicher Form per E-Mail bei mir zu Hause an. Da hatte die Dame mir aber zusätzlich noch "ein kostenloses 'Schnuppertech' am Beach"  mit einem ihrer "Techinstruktoren" offeriert. Da für mich aber auch nach längerem Nachdenken nicht ersichtlich war, warum ich mit einer Doppel-12, einer Nitrox-Stage (ich habe, wie ich verschämt gestehen muss, gar kein Nitrox-Brevet!), einem Hebesack mit "Reel" und einem "Tech-Instruktor" am Strand herumkriechen und dabei sämtliche in Ufernnähe lebenden Wassertiere akut gefährden soll, lehnte ich das Ansinnen dankend ab. Die Dame erklärte mir in der Mail dann noch, ich hätte doch sowieso keine Ahnung vom Tech-Tauchen, ich sei ja nur CMAS***-Taucher und könne mir daher überhaupt kein Urteil über das "technische Tauchen" bilden. Möglicherweise ist das ja die Ursache für meinen Unverstand: Wer keine Ahnung hat, hat auch keine Einsicht. - Was der Dame aber unbekannt zu sein scheint, ist, dass man sich Wissen auch (teilweise sogar: vorzugsweise !) außerhalb von teuren Kursen irgendwelcher abstruser Tech-Verbände, die ja in jüngster Zeit überall wie Pilze aus dem Boden schießen, erwerben kann. Kleiner Tipp: Lesen bildet! - Und lesen kann ich zumindest. Darüber hinaus können auch Zuhören, stilles Beobachten und der Gebrauch des gesunden Menschenverstandes durchaus lehrreich sein - und so viel preisgünstiger!

Trotz dieser Bedenken, die man offensichtlich uns gegenüber hegte, ließ man uns tauchen. Zunächst jedenfalls. Wir empfanden das als ausgesprochen gnädig und waren zutiefst dankbar. Eingeteilt wurden wir auf das Boot "Don Pierre" (übersetzt "Herr Peter"). - Zu viel der Ehre ;-)! Mit uns war u.a. auch noch ein Berliner Tauchclub auf dem Boot, der seine Vereinsfahrt machte. Eine lustige Truppe, die immer zu Späßen aufgelegt war, was immer wieder auch einige der Mannschaftsmitglieder zu spüren bekamen, die gnadenlos bei allen Gelegenheiten ins Wasser geworfen wurden. Und zwar in voller Bekleidung! ;-))

Der erste Tauchgang fand am "Gamul Kebir" statt und war ein sog. "Check-Tauchgang", weil man wohl bei einem großen Teil der Kundschaft, die heute auf Tauchbasen aufschlägt, nicht davon ausgeht, dass diese Leute selbstständig und eigenverantwortlich tauchen können. Was uns nun aber doch insofern einigermaßen verwunderte, als weder meine Partnerin noch ich bis dato jemals auf dieser Basis einen "Check-Tauchgang" machen mussten. Aber diesmal war es natürlich anders, man wollte uns zeigen, wer hier die Anordnungen trifft. So durften wir endlich mal wieder die Maske ausblasen und den ausgespuckten Regler zurückerlangen. Sehr schwierige Übung, die uns im Vorfeld bereits mit großer Besorgnis erfüllt hatte und die wir beide nur mit Mühe bewältigen konnten. Wir haben ja schließlich nur "Gold".Für "Tech-Diver", die in der "Königsklasse des Tauchens" spielen, wäre das hingegen ein Leichtes gewesen. Na ja, dem Guide muss die Anordnung seiner Basenleitung wohl genauso sinnfrei vorgekommen sein wie uns: Nachdem er gesehen hatte, dass wir die Übung (wenn auch knapp) überleben konnten und wir uns allein hierdurch nun auch bereits zweifelsfrei als "tauchtauglich" qualifiziert hatten, ließ er uns unserer Wege ziehen. Ein anderer Neuankömmling an Bord, der nach eigener Aussage schon seit zwei Jahren nicht mehr tauchen gewesen war, musste übrigens keinen "Checkdive" absolvieren...

Der Tauchgang selbst war nicht schwierig. Max. Tiefe 16 m, flaches Innenriff. Wäre auch nur mit Maske, Flossen und Schnorchel zu machen gewesen. Trotzdem war es sehr nett, in aller Gemütsruhe viele Kleinlebewesen beobachten zu können. Außerdem testete ich den SBTC , denn die Tiefenanzeige war noch nicht genau genug: Die Abweichungen betrugen noch max. +/- 0,5m, und das war zu viel. Das Rote Meer mit seiner in Sporttaucher-Tiefen (wie gesagt: ab 40m Wassertiefe beginnt die Todeszone!) ;-) konstanten Temperatur bot hierfür die ideale Testplattform da Temperatureffekte auf die Druckmessung weitestgehend ausgeschaltet waren. Nächste Woche im Bodensee wird sich das ändern.

Des Weiteren konnte ich während des Tauchens erkennen, dass die Basis es augenscheinlich mit ihren Regeln nicht unbedingt genau nimmt bzw. dass man gegen "unorthodoxe Sporttaucher" wie uns ganz anders handelt als gegen gut zahlende "Tech-Kunden". So erklärte der Guide vorher bei der Tauchplatzbesprechung noch, dass man keinesfalls alleine tauchen dürfe. Nicht einmal unten an der Bootsleiter dürfe einer alleine zurückbleiben, wenn sein Tauchpartner schon aus dem Wasser gekrabbelt sei. Trotzdem sah ich kurz darauf unter Wasser einen Menschen von unserem Boot mit Doppel-12 und "Stage-tank" an der Seite seelenruhig alleine tauchen. Seinen zugehörigen Tauchpartner konnte ich allerdings nirgends sehen. Er hatte offensichtlich keinen. Na ja, quod licet Jovi non licet bovi. Nicht, dass uns das in irgendeiner Weise gestört hätte - mitnichten, machen wir ja selbst auch oft genug, das Solotauchen. Unseren Guide bzw. seine ihn beauftragende Basis störte das offenbar aber auch nicht. Dabei hätte man es ja bewenden lassen können: Leben und leben lassen. Klappte aber nicht.

In der Tauchpause justierte ich den Verstärker des Drucksensors am SBTC neu, um die Tiefenanzeige genauer zu machen.

Der zweite Tauchgang am Ras Abu Soma führte dann auf 40 m (tiefer stirbt man nämlich, wenn man nur CMAS***-Taucher ist!) und beinhaltete keine besonderen Vorkommnisse bis auf die Tatsache, dass die Nachjustierung der Druckmessung am SBTC ein voller Erfolg war. Die Tiefenabweichung bezogen auf einen Suunto Vyper betrug nun nur noch max. +/- 0.1m.

Samstag, 25.10.2003: Der Rauswurf von ORCA

Dieser Tag sollte uns zwei schöne Tauchgänge am Panorama Reef und einen Platzverweis bescheren. Zur Erinnerung: Das Panorama Reef ist eben jener Ort, wo jüngst eben diese Tauchbasis einen ebenso sinnlosen wie hochriskanten Tieftauchweltrekord aufgestellt hat, über den sämtliche Tauchblättchen groß berichtet hatten. Das Besondere an diesem Rekord war, dass er auf eine Wassertiefe von mehr als 220 m führte, was unter Verwendung von Kreislauftauchgeräten geschah, für die der englische Hersteller "Ambient Pressure Valves" (AP) nur eine Freigabe bis 100 Meter Wassertiefe gibt. Prompt implodierte natürlich bei einem Umgebungsdruck von > 20 bar die Steuerhandkonsole, was bei den Geräten zu einem sofortigen Versagen der Mischelektronik führte, so dass die am Versuch beteiligten "technischen Taucher" die Oberfläche lebend nur noch deswegen erreichen konnten, weil a) konventionelle offene Systeme mitgeführt wurden (die allerdings von ihrem Volumen her auch nicht ausgereicht hätten, um die Leute lebend oben ankommen zu lassen) und daher b) Sicherungstaucher das Leben dieser wagemutigen Aquanauten retten helfen mussten.

Auf der Fahrt zu diesem " Rekordtauchort " wurden wir noch Zeuge, wie ein Kapitän, dessen Boot morgens von der ORCA-Basis kurz vor unserem abgelegt hatte, das Kunststück fertig brachte, seinen Kahn unweit des Ufers mitten auf einen Korallenblock zu setzen. Ruummmmssss! Diese seemännische Glanzleistung führte dann erst einmal dazu, dass unsere Fahrt erheblich vezögert wurde, weil unser Boot den von einem anderen Schiff netterweise freigeschleppten Havaristen sicherheitshalber zum Anlegesteg bei der ORCA-Basis zurück eskortieren musste, da zu befürchten stand, dass das Boot wohl in seiner Manövrierfähigkeit eingeschränkt war.

Danach ging es dann endlich doch noch zum anvisierten Tauchort, den wir nach ca. einer dreiviertel Stunde erreichten. Dort angekommen, legten wir am Südost-Ende des Riffes an. Die Tauchgäste quetschten sich in ihre Ausrüstung, sprangen ins Wasser und tauchten in verschiedene Richtungen davon. Wir entschlossen uns, parallel der Riffwand nach Nordwesten zu folgen und tauchten zügig auf 40 m Wassertiefe ab. Den SBTC überprüfte ich wiederum anhand des Vyper, wobei ich abermals erkennen konnte, dass die Druckanzeige optimal arbeitete. Aufgrund dieser nur noch minimalen Abweichungen entschloss ich mich, fortan nur noch den SBTC, einen analogen Tiefenmesser, die Uhr und die Dekotabelle mitzuführen. Also die Gegenstände, die zur Grundausstattung eines jeden ernsthaften Sporttauchers gehören.

Während des Tauchgangs überprüfte ich die Aufsteigswarnung des SBTC, die zum Aufleuchten einer Leuchtdiode führt, wenn die Aufstiegsgeschwindigkeit von 10m/min. überschritten wird. Auch diese Funktion arbeitete wie gewünscht. Es schien so, als ob das Gerät tatsächlich einwandfrei das tun würde, was man von einem Tauchcomputer erwartet. Sehr schön!

Aufgrund der Tatsache, dass wir durch die Havarie des anderen Schiffes am Vormittag sehr viel Zeit verloren hatten, fiel die Mittagspause und damit die Oberflächenentsättigung der Kompartimente mit gerade mal zwei Stunden einigermaßen kurz aus. Aber egal, es wurden ja sowieso nur Nullzeittauchgänge gemacht und die sind schließlich per Defintion sicher... Dekompressionstauchgänge sind dagegen gefährlich und dies dürfte der Grund sein, warum nur "Techdivern" bei ORCA gestattet wird, sich außerhalb der magischen Nullzeit zu bewegen. Welche Nullzeit das dann auch immer sein soll...

Für den den zweiten Tauchgang wurde dann das Schiff zum gegenüberliegenden Ende des Riffes verlegt und wir tauchten dort ab. Das Prozedere war das Gleiche wie beim ersten Tauchgang. Wir begaben uns sehr zügig auf 40 m und hielten uns in dieser Tiefe auf. Leider konnte ich während des TG erkennen, dass der SBTC jetzt langsam ein akutes Stromversorgungsproblem bekam. Ich hatte nämlich vergessen, den Akku nochmals zu laden. Peinliche Panne. Die Symptome waren mir aber bekannt: Die LCD-Anzeige wurde langsam immer undeutlicher und dann schließlich unlesbar, die Tiefenanzeige zeigte unsinnige Werte, das Wasser hatte plötzlich nur noch 15°C :-). Also schaltete ich das Gerät ab, um den Nickel-Metallhydrid-Akku, der nicht ganz billig war, nicht durch Tiefentladung zu zerstören.

Das Austauchen führten wir deshalb wie gewohnt nach Deko 2000 durch. Unterwegs trafen wir wieder unseren solo-tauchenden Techie, der von unten kommend an uns vorbei stieg - was mir wieder deutlich machte, dass Basenregeln bei ORCA nichts sind, was immer unumschränkt gelten muss, sondern dass man fallweise auch mal "Fünfe gerade sein lassen" kann und ein oder sogar zwei Augen zuzudrücken vermag. Nur eben nicht bei Leuten, die man schnellstmöglich loswerden will, sondern halt bei denen, die für "Techausrüstung", die man dort natürlich mieten kann, viel Geld ablegen.

A propos "loswerden": Wie ist man uns denn nun so schnell losgeworden, wie also kam es zum finalen Rauswurf bei ORCA?

Es begab sich dann auf der Rückfahrt, dass Diveguide S. von allen Passagieren das Geld für das Mittagessen und dann von uns beiden auch noch zusätzlich die Tauchcomputer sehen wollte. Das Problem: Claudia hatte gar keinen Tauchcomputer, sondern "nur" Uhr, Tiefenmesser und Tabelle dabei und ich hatte lediglich den mittlerweile ziemlich stromlosen SBTC zu bieten, der sich nur nach dem manuellen Einschalten ein paar Sekunden meldete und dann sogleich wieder im datentechnischen Nirwana verschwand. Außerdem hatte ich in der Software noch gar keine Logbuchfunktion programmiert, da erst mal die wichtigen Funktionen wie z. B. Messwerterfassung und -auswertung, Dekompressionsrechnung und Ablaufsteuerung arbeiten müssen. Also musste ich Diveguide S., der wohl aus einer gewissen Unwissenheit heraus davon ausgeht, dass alle Tauchcomputer zwingend auch ein Logbuch haben müssen, enttäuschen: Es gab schlicht keine Daten, die ihn irgendwie weitergebracht hätten. Damit konnten wir (!) also nicht den geschuldeten (?!?) Beweis erbringen, dass wir nicht tiefer als 40 m getaucht waren (was wir übrigens tatsächlich nicht getan hatten). Man beachte: Auf der ORCA-Basis gilt hier die Umkehr der Beweislast: Beweise erbringen muss dort nicht der Ankläger, sondern der Angeklagte. - Den Zeugen-Beweis hätte zwar unser solo-tauchender Techie liefern können, der mehr als nur ein paar Meter unter uns herumgepaddelt war, aber der wird auch gut daran tun, da schön brav seinen Schnabel zu halten, um sich nicht selbst unbeliebt zu machen. Außerdem hätte der nur sagen können, dass wir über ihm tauchten aber nicht auf welcher Tiefe. Und da wir bereits bei 40,1 m geflogen wären, hätte uns das auch nicht die Todesstrafe erspart. ;-)

Somit waren wir also durchgefallen: "Setzen! Sechs. Schuldig aus Mangel an Beweisen!" - Diveguide S. erklärte uns im deutlich erkennbaren Tonfall seiner ostdeutschen Heimat: "Nuuu, dann wer'n wa eusch ma' die Reschnung ferdisch mach'n müss'n!". Ich hatte keinerlei Problem, dies zu akzeptieren. Allerdings wäre es für unsere Reiseplanung besser gewesen, wenn man uns gegenüber bereits bei meiner Reservierung per E-Mail klar zum Ausdruck gebracht hätte, dass man auf unsere Anwesenheit bei ORCA Safaga keinen Wert legt, anstatt mir lediglich sinnfreie Mails mit irgendwelchem "Tech ist cool"-Gerede zukommen zu lassen.

Nachdem das Boot dann auf der Basis angekommen war, kam es dann noch zum richtigen Eklat: Wir hatten in der Basis unsere Sachen gepackt und wollten, wie man auf Denglish sagt, "auschecken". So trafen wir an der Theke auf Frau van C., die uns unsere Rechnungen präsentierte. Es waren pro Person 64 Euro zu begleichen. Das Geld waren wir selbstverständlich bereit zu zahlen, denn schließlich hatten wir in diesem Umfang ja Leistungen bezogen. Womit wir aber gar nicht gerechnet hatten, war, bereits an diesem Tag überhaupt eine Rechnung begleichen zu müssen, denn da wir ja schließlich ganz artig und vertragstreu gewesen waren, hatten wir in diesem Augenblick nur den Gegenwert von gerade mal 9 Euro in ägyptischer Währung dabei. - Wer schleppt schon auf bloßen Verdacht hin seine gesamte Urlaubsbarschaft täglich mit auf's Tauchboot? - Claudia erklärte also die aktuelle Sachlage. Den Vorschlag, das Geld als Guide abzuarbeiten, verkniff ich mir und meinte nur entgegenkommend, man könne uns ja ersatzweise in Haft nehmen. Ich glaube, auch diesen lockeren Spruch hätte ich besser auch für mich behalten..... ;-))

....denn daraufhin explodierte Frau van C. regelrecht und lieferte eine Vorstellung, die an Groteske nur noch schwer zu überbieten war und einen überaus vielsagenden Eindruck vom Charakter dieser Geschäftsfrau und ihrem Verhalten gegenüber Kunden gab: Völlig hysterisch schrie sie auf der Basis herum, wir sollten " verschwinden und nie wieder kommen " - wehe, wenn wir in fünf Minuten nicht weg seien, dann würde " etwas " passieren!!! O.K., O.K., machen wir, kein Problem! Schrei doch nicht so, wir sind nicht schwerhörig, und wer schreit, hat bekanntlich Unrecht. Das Ganze garnierte sie dann obendrein noch mit der ausreichend lautstarken Feststellung gegenüber ihren umstehenden Angestellten: " So ein arrogantes A......ch, so ein Wi..r ". Claudias Versuch, Frau van C. vorsichtshalber schon mal die strafrechtliche Dimension ihrer soeben getätigten Beleidigungen klar zu machen (Rechtlicher Hinweis: es ist strafrechtlich nicht zulässig, andere Menschen als Rektum oder notorische Onanisten zu bezeichnen), mündete nur in weitere schrille, aber einigermaßen sinnfreie Entgegnungen. Mir wäre es wirklich peinlich, mich so meinen Mitmenschen zu präsentieren - Wie man sich wohl als Angestellter einer Basis fühlt, deren Leiterin zu derartigen Verbalentgleisungen gegenüber ihren Mitmenschen, noch dazu ihren Kunden, fähig ist...?

So mussten wir uns also für den Rest unseres Lebens von dieser Tauchbasis verabschieden. Immerhin hatten wir zwei tolle Tauchtage, und sogar noch auf Kosten des Hauses! Dafür sagen wir: Danke, liebes ORCA-Team!

Sonntag, 26.10.2003: Strandtag und Entenbasis

Der Vorteil, von einer Tauchbasis des Feldes verwiesen zu werden, liegt u. a darin, dass man endlich mal aussschlafen kann und beim späteren Frühstück im Speisesaal des Hotels auch keine Leute mehr mit diesen T-Shirts sieht, auf denen der hässliche Fisch abgebildet ist, der so aussieht, als ob er sich jeden Moment übergeben müsse. Der nächste Vorteil ist darin zu finden, dass man in einem Liegestuhl am Strand liegen und lustige Reiseberichte in sein Notebook tippen kann.

Gegen Nachmittag machten wir noch spaßeshalber einmal kurz den Test, wie weit die Kunde von unserem Rauswurf schon in dem sich nicht gerade durch Nachrichtenüberfluss auszeichnenden Touristenghetto namens "Safaga" herumgekommen war. Denn die Dvieguides, die hier arbeiten müssen, bekommen wahrscheinlich von der Welt draußen nicht viel mit. Da der Mensch aber als soziales Wesen handelt, sind Klatsch und Tratsch eine wichtige Sache. Solcherlei Kunde verbreitet sich schnell, besonders wenn man sonst nichts zu berichten hat.

Wir fühlten also in der Basis beim Holiday Inn Hotel vor (die mit der Ente :-) ). Unsere Gesprächspartner waren zwei Herren, die irgendwie nicht den Eindruck machten, uns wohlgesonnen zu sein. Man befragte uns überraschend eingehend, wie lange wir denn schon vor Ort seien und ob wir hier schon tauchen waren. Und, siehe da, man wusste bereits Bescheid :-). Da wir jedoch unser Ansinnen, bei dieser Basis tauchen zu wollen, ernsthaft und glaubwürdig vortrugen, machte man aber wenigstens noch die obligatorischen Eingangsprüfungen mit uns: Logbuch-Sichtung und Brevetkontrolle. Außerdem wollte man gerne haarklein über die näheren Hintergründe unseres "Basenwechsels" informiert werden, sozusagen aus erster Hand ;-), denn man "wolle sich hier nicht verar..... lassen". (Seltsame Ausdrucksweise haben diese Tauchbasen-Menschen, ts, ts, ts...) Als wir freimütig von unserem Beweislastproblem berichteten, reagierte man konsterniert: "Ihr habt keine Tauchcomputer???" (So gesehen stimmte das ja, denn ich wollte den Menschen hinter dem Tresen nicht mit dem SBTC konfrontieren, einem Gerät das aussieht, wie die Versuchsgeräte einer Weltraumstation ;-)), und einen kommerziellen Rechner wollte ich nicht mitnehmen, da immer noch ich entscheide, welche Ausrüstung ich zu einem TG mitführe) Daraufhin erklärte man uns, dass wir dann entweder einen Computer leihen (pardon: mieten) oder aber mit Guide tauchen müssten.

Bei der Logbuchdurchsicht war einem der Mitarbeiter dann auch aufgefallen, dass wir TG auf 60 m Wassertiefe in Bergseen machen. Entgeistert fragte er: " 60 m - ohne Tauchcomputer???" Äh, ja - wo genau ist dabei das grundsätzliche Problem? O.K., einen Tiefenmesser, eine Uhr und eine Tabelle sollte man schon dabei haben; auch die Inbetriebnahme dieses praktischen, batteriefreien Computers zwischen den eigenen beiden Ohren ist überaus empfehlenswert, und mit alledem umgehen können sollte man auch... Derlei muss die beiden Herrn am Tresen zutiefst schockiert haben. Wir mussten dem einen der Herrn offenbar erst erklären, dass es auch noch andere Tauchtabellen als den PADI-RDP gibt, und dass die Deko 2000 (überdies eine richtige Dekompressionstabelle!) beispielsweise bis 63 Meter reiche.

Nachdem wir uns dann noch erkundigt hatten, wie viel denn ein Tauchtag mit zwei Tauchgängen kosten solle, beschlossen wir anschließend, von der Buchung doch lieber Abstand zu nehmen, vermutlich zur großen Erleichterung der Enten-Basis. Wir gewannen nämlich irgendwie den Eindruck, dass hier Kindergartentauchen in Reinstform betrieben wird. Einerseits unterschreibt man da überall in den "Absauf-Erklärungen" der Basen, dass man "auf eigene Gefahr" tauche, andererseits unterlassen die Basen nichts, um ihre Kundschaft weitestmöglich zu gängeln (nicht ohne Computer bzw. Guide, nicht tiefer als 30 m, nicht länger als X Minuten, keine Deko-TG, und als Flaschen gibt es nur Mono-12-Liter-Geräte etc. etc.). - Selbstverständlich steht es jedem Dienstleister frei, selbst die Regeln festzulegen, unter welchen er bereit ist, seine Dienstleistung anzubieten. Andererseits steht es aber auch dem Kunden frei, selbst zu entscheiden, welchen Quatsch er bereit ist mitzumachen und unter welchen Bedingungen er noch bereit ist, eine Dienstleistung anzunehmen und zu bezahlen. 40 Euro pro Tag für einen Kindergartenplatz pro Person erschien uns jedoch in diesem Moment als eindeutig unangemessen...

Montag 27.10.2003 bis Mittwoch 29.10.2003

Den Rest des Urlaubes verbrachten wir gemütlich am Strand und machten u. a. unseren ersten Erfahrungen auf einem Surfbrett. ;-)))

Fazit

Uns ist ziemlich klar geworden, dass unsere Auffassung vom Sporttauchen als anspruchsvolle und eigenverantwortliche Freizeitbeschäftigung mit der Realität auf den Urlaubsbasen eines Touristenzentrums wie Safaga keinerlei Gemeinsamkeiten hat. Gut, die Gründe sind uns auch klar: Wer auf seiner Basis pro Woche zwischen 100 und 200 Personen durchschleusen muss, kann sich nicht die Zeit nehmen, große individuelle Unterschiede zu machen. Die Unterscheidung "Anfänger vs. Fortgeschrittene" bzw. "weniger oder mehr als 50 Tauchgänge" ist dabei oft schon die Spitze des Realisierbaren. Mehr können und wollen die Betreiber einer Basis nicht machen. Verschärfend kommt hinzu, dass man von den Basenverantwortlichen (Inhaber, Diveguides) mittlerweile auch keine Kompetenz mehr erwarten kann, haben sie in der Mehrzahl der Fälle ihr "Handwerk" doch selbst bei einer der großen Franchiseketten aus den USA "gelernt", die erklären, "Diving" sei "esay and fun" und man müsse gar nicht viel lernen, "because everybody can dive".

So bleibt das, was man seiner Kundschaft gibt, ein schaler Abklatsch dessen, was sich einst Sporttauchen nannte. Wer ein klein wenig mehr als diese fade schmeckende Ersatzbrühe will, muss im Einzelfalle bei Anbietern, die hier eine Marktnische besetzt haben, in das sog. "Technische Tauchen" einsteigen. Das heißt aber auch bereit zu sein, für ein paar zusätzlich zugestandene Tiefenmeter weit mehr als eine "Hand voll Dollar" zu bezahlen.

Richtig tauchen gehen wir dann in einer Woche wieder. Am Bodensee. Mit richtig großem Luftvorrat, ohne Kindergartenbetreuung, ohne sinnfreie Computerkontrollen und vor allem: Eigenverantwortlich.